Private Tasting, Juli 2015
So richtig Spaß macht Whisky ja erst, wenn man ihn mit anderen gemeinsam genießt, sich über den Whisky austauscht, von gemeinsamen oder unterschiedlichen Erfahrungen erzählt, verblüfft feststellt, dass man völlig unterschiedliche Wahrnehmungen von demselben Whisky hat, oder gleiche Wahrnehmungen - mit derselben Verblüffung.
Wir waren zu einem meiner Kollegen eingeladen, mit dem wir das Hobby "Whisky" teilen. In seinem Freundeskreis gab es schon länger die Tradition, private Tastings zu machen - jeder bringt irgendetwas mit - und diesmal sollten wir mit von der Partie sein. Wir waren acht Personen und hatten neun Whiskies zu kosten. Und die Bandbreite hätte kaum größer sein können: Schweiz, Deutschland und Schottland, mit und ohne Torf, Fassstärke und massenmarkttaugliche Stärke, Malt und Grain. Natürlich ist es bei der großen Anzahl der Whiskies kaum möglich, sich ausführliche Notizen zu machen. Ich habe mein Bestes getan:
Es ging los mit einem deutschen Whisky, dem Fading Hill 4,5 yrs mit 45,4% von der Birkenhof Brennerei Nistertal, destilliert im Juli 2009, abgefüllt am 07.03.2014. Seine 4,5 Jahre durfte er in einem Rotweinfass (Pinot Noir) von der Ahr reifen, und man hat ihn nicht gefärbt. Wir hatten die Flasche Nummer 800/1100 aus den Fässern 42 und 44.
- Nose: scharf, erinnert an Cognac
- Taste: immer noch recht scharf, fruchtig, erinnert jetzt an Grappa, vielleicht auch ein bischen an Obstler
- Finish: kurz, rauh, scharf, hier kommt geschmacklich der Whisky durch
- Wertung:
Als nächstes war der Auchentoshan Ltd. Edition 11 years old mit 58% an der Reihe. Ich habe zwar nichts davon auf der Flasche gelesen, aber man darf hier wohl von Fassstärke ausgehen. Die 11 Jahre seit seiner Destillation in 1999 hat er in einem Bordeaux-Fass verbracht.
- Nose: intensiv, fruchtig, deutlich nach Rotwein
- Taste: sehr weich und luftig, mit Holznoten
- Finish: weich und kurz, wieder mit Rotweingeschmack
- mit Wasser: nochmal deutlich weicher
- Wertung:
Jetzt kommen wir zu einer Besonderheit, nämlich einem Grain Whisky. Dass es außer den Malts auch noch andere Arten von Whisky gibt, vergisst man vor lauter Malt-Superstars schon mal leicht. Dabei hat der Scottish Grain der North British Distillery, eine Cadenhead-Abfüllung (19 Jahre, 59,9%, oak matured) das überhaupt nicht verdient.
- Nose: frisch und etwas getreidig, viele Rosinen
- Taste: süß, frisch, wieder die Rosinen, erinnert an Rum
- Finish: kurz und süß
- Wertung:
Nun wurde es endgültig weich. Im Glas hatten wir einen Glenrothes Robur Reserve ohne Altersangabe mit 40%.
- Nose: viel Alkohol, dennoch weich, Rosinen
- Taste: sehr mild, Trockenfrüchte
- Finish: kurz, mild, neutral
- Wertung:
Die beiden nächsten Whiskies lasse ich aus, was die Notes angeht. Das waren unsere Beiträge, und beide sind schon an anderer Stelle auf Drambo beschrieben. Aber genannt seien sie:
- The Balvenie, 14 yrs, Carribean Cask mit 43%, Finish in Rumfässern
- Tobermory 15 yrs mit 46,3%, Finish in Gonzales Byass Oloroso Fässern
Weiter ging es mit einem Miltonduff 1995, 18 yrs mit 46%, destilliert am 23.02.1995, abgefüllt am 17.01.2014, matured in Bourbon Barrels. Wir hatten Flassch Nummer 130/594 aus den Fässern 4120 und 4121. Das Ganze war eine Signatory-Abfüllung aus der Un-Chillfiltered Collection.
- Nose: weich, Holz, Vanille, Gras, Heu, Obst, Birne
- Taste: weich, Banane, Holz
- Finish: kurz, weich, brennt aber auch mal kurz
- mit Wasser: deutlich luftiger und noch weicher
- Wertung:
Nicht jeder Whisky, der von einem unabhängigen Abfüller auf den Markt gebracht wird, darf beim Namen genannt werden. Der nächste, den wir im Glas hatten, war so einer. Anstatt Fantasienamen zu verwenden, gibt Signatory einfach an, dass es sich um einen Islay Single Malt Scotch Whisky mit 40% handelt. Obwohl er in der Vintage-Serie aufgelegt wird, ist er nur fünf Jahre alt.
- Nose: Torf und Tang! Erinnert mich an Bruichladdich, es wurde aber auch Lagavulin getippt.
- Taste: Torf, Moor
- Finish: mittellang und weich, außerdem wieder Torf
- Wertung:
Den nächsten Whisky lasse ich wieder aus, weil wir den selbst mitgebracht haben. Es war der Ardbeg Perpetuum Distillery Edition mit 49,2%. Der ist auf Drambo bisher nur kurz beschrieben, aber da kommt irgendwann natürlich nochmal eine ausführliche Beschreibung.
Nach neun Whiskies sollte man annehmen, dass es genug für den Abend sei. Dem kann ich auch nicht widersprechen, aber es stand noch eine Behauptung unseres Gastgebers im Raum, dass er zwei Whiskies habe, die mir garantiert nicht schmecken würden. Falls doch, dürfe ich die Flaschen gerne mitnehmen. Um es vorwegzunehmen: er behielt Recht - und die Flaschen.
Der erste dieser beiden "Untrinkbaren" war ein Schweizer: der Säntis Malt, Edition Dreifaltigkeit mit 52%, ohne Altersangabe und gereift in einem alten Bierfass aus Eiche. Andere Säntis sollen ja wirklich gut sein, aber der hier geht gar nicht.
- Nose: kaltes Holzfeuer
- Taste: viel Räucherschinken
- Wertung:
Der zweite war ein Fettercairn 16 yrs aus der Signatory Cask Strength Collection, destilliert am 22.03.1995, abgefüllt am 07.07.2011, mit 59,9% und gereift in Bourbon Barrels. Auf dem Tisch stand Flasche Nummer 201/368 aus den Fässern 405 und 406. Eigentlich eine Herkunft, die über jeden Zweifel erhaben sein sollte, aber manchmal klappt es eben wohl auch mal nicht. Der Whisky schmeckt scharf und ... ja, wie eigentlich? Einfach nur fies.
- Wertung:
Trotz der beiden letzten Whiskies, sie ich nun wirklich nicht nochmal trinken möchte, war das Tasting ein gelungener Abend, der - mit anderen Whiskies - definitiv nach einer Wiederholung verlangt.