Handwerkszeug: Tasting Wheel von Alkoblog

Vor einer Weile habe ich schon mal über das Handwerkszeug geschrieben, das ich so benutze. Diesen Artikel haben die Kollegen vom Alkoblog gelesen und mich auf ihr eigenes, kürzlich veröffentlichtes Tasting Wheel aufmerksam gemacht. Mein erster Eindruck war: sehr schön. Das lohnt einen zweiten, genaueren Blick ...
Eigentlich ist es mehr als nur ein Tasting Wheel, eher eine Tastinghilfe. Das Blatt besteht nämlich aus drei Bereichen: einem klassischen Aromenrad (das von hübschen und nützlichen Illustrationen umrahmt ist), einer Farbleiste zur Bestimmung des Farbtons des Whiskys und einem Textbereich mit verschiedenen Begriffe zur Beschreibung des Whiskys, die außerhalb der Geruchs- und Geschmackswelt stattfinden.
Das Aromenrad
Das Rad ist optisch sehr schön gemacht. Die verschiedenen Kategorien sind farblich voneinander abgesetzt und (zusätzlich zur Überschrift) zweistufig in zunehmender Detaillierung gestaltet. Das erleichtert den Weg von einer einfachen Identifizierung zu einer detaillierteren Bestimmung der Aromen.
Außen um das Rad sind Illustrationen der jeweiligen Aromen angeordnet, etwa ein Weinglas, Gräser, Früchte oder ein rauchendes Stück Torf. Was auf den ersten Blick wie eine reine Verzierung aussieht, entpuppt sich bei näherem Hinsehen als nützliche Ergänzung, läuft doch die Aromenerkennung in unserem Kopf meistens über Assoziationen und Bilder ab: "Das riecht wie damals, als wir auf dem Bauernhof gezeltet haben." Da sind Bildersehr hilfreich. Noch besser hätte mir gefallen, wenn es auch Illustrationen der zweiten Ebene gegeben hätte (etwa einen Bauernhof, um im obigen Beispiel zu bleiben), aber das hätte wohl den Platzrahmen gesprengt. Außerdem wird es auf dieser Ebene bereits enorm vielfältig, weil die möglichen Assoziationen ja praktisch unbegrenzt sind. Hier müssen wir als Whiskygeniesser also noch eigene Arbeit leisten. Aber letztlich gehört das doch zum Genussprozess dazu, oder?
Die Farbskala
Eine Farbskala habe ich ja auch in meinem Repertoire. Natürlich ist es nicht leicht, bei wechselnden Beleuchtungen (und das kann schon während einer Tastingveranstaltung passieren) den Maßstab gleich zu halten, aber zumindest grob kann man damit Farben und Intensität der Whiskies vergleichen. Die von mir benutzte Farbskala umfasst 16 Stufen und ist damit recht umfangreich. Die hier benutzte Skala enthält nur zehn Stufen. Eigentlich sollte das durchaus genügen. Ich wäre durchaus in Versuchung umzusteigen, wenn mich nicht eine Kleinigkeit davon abhalten würde: die Farbfelder sind nicht einfarbig, sondern ein wenig strukturiert - "marmoriert" sagt man wohl auch dazu. Das sieht unzweifelhaft sehr hübsch aus, aber ich befürchte, dass die Entscheidung für eine Farbe dadurch noch schwerer wird als sie ohnehin schon ist. Ich muss aber zugeben, dass ich das selbst noch nicht ausprobiert habe. Das werde ich bei Gelegenheit selbstverständlich nachholen.
Der Textbereich
Dieser Bereich hätte eine bessere Bezeichnung verdient, aber mir ist nichts besseres eingefallen. Das mag daran liegen, dass er auch inhaltlich nicht einfach zu beschreiben ist. Es ist so eine Art Schablone für Begriffe, die bei der Wahrnehmung des Whiskys eine Rolle spielen, die aber weder Gerüche noch Geschmackseindrücke beschreiben - den Block "Primärgeschmack" mal ausgenommen. Hier werden, wieder kategorisiert in Überschrift, Oberbegriffe und Listen, Begriffe genannt, nach denen man bei der Verkostung von Whisky oft sucht: "Das fühlt sich an, als sei die Zunge mit irgendwas überzogen. Was ist denn das bloß?" Wenn man diese Begriffe sucht, dann tut man sich noch schwerer als mit direkten Aromen. Deshalb ist dieser Bereich der Tastinghilfe vielleicht der am wenigsten ausgeschmückte, aber am Ende doch der hilfreichste.
Insgesamt
Mir gefällt die Kombination aus den drei Elementen (Tasting Wheel, Farbskala, "Gefühlslisten") in einer Tastinghilfe. Hier findet man das Wesentliche, was man bei einem Tasting braucht, auf einem Blatt zusammengefasst. Der ideale Werkzeugkasten für ein Tasting in offener Runde, vielleicht in gemischter Besetzung, was die Whiskyerfahrung angeht. Da hat der Anfänger alle Informationen zur Hand, und für den "alten Whiskyhasen" ist es wie gemacht als Spickzettel für Diskussionen und Fachsimpeleien.
Für ein fortgeschrittenes Tasting (kleine Runde oder allein, viel Whiskyerfahrung oder zur Erarbeitung von Tasting Notes, die zur Veröffentlichung gedacht sind) würde ich eher andere Hilfsmittel bevorzugen (Tasting-Fragebogen, separate Farbskala), und auf die Dauer ist es mir auch wichtig, dass ich die Vorlagen bearbeiten und meinen Vorlieben und Erfahrungen anpassen kann (z.B. Aromen einfügen, die ich immer wieder finde, die aber nicht auf meinem Bogen stehen), aber es ist ja nur normal, dass man an unterschiedliche Aufgaben mit unterschiedlichen Werkzeugen herangeht. Das tut der Wertung der Tastinghilfe also überhaupt keinen Abbruch.
Fazit: ein sehr schönes Werkzeug, das ich Tastingveranstaltern bedenkenlos empfehlen würde und aus dem auch ich einige Ideen für meine eigene Vorgehensweise ziehe.
Zum Anbieter gehts hier: Alkoblog