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Whisky aus dem Cognacschwenker

Ledaig

Vor einigen Monaten wurde mir in einer Hotelbar ein Whisky mangels anderer geeigneter Gläser in einem Cognacschwenker serviert. Ich hatte mir damals schon vorgenommen, das als Experiment zu wiederholen und einen mir gut bekannten Whisky im direkten Vergleich aus einem Cognacschwenker und einem Glencairn-Glas zu verkosten. Das habe ich nun jetzt getan, und die Wahl fiel auf einen Ledaig 10 yrs.

Nose: im Glencairn-Glas erlebe ich - wen wunderts - keine Überraschung. Der ölige Rauch, Holz, Honig, Gewürze ein bischen Salz: alles wie üblich. Im Cognacschwenker dagegen bombardieren die Aromen meine Nase viel stärker. Mächtig und enorm alkoholisch kommt der Ledaig daher. Der ölige Rauch macht sich durchaus noch bemerkbar, aber alles andere wird überlagert von dem ätherischen Alkohol.

Taste und Finish: Hier gibt es keine Unterschiede. Na, kein Wunder, das Glas als Unterscheidungsmerkmal ist ja weg. Vielleicht würde man erwarten, dass die "Vorbehandlung" des Geruchssinnes (die eigentlich eher eine Betäubung ist) noch etwas an den Geschmacksnoten ändert, aber dazu hätte ich wohl beide Gläser einzeln komplett durchtasten und dann eine Pause machen sollen. So habe ich keine wirklichen Unterschiede geschmeckt. Im Cognacschwenker kam mir der Whisky einen Tick salziger vor, aber das kann auch Einnbildung gewesen sein. Im Finish schließlich habe ich keine Unterschiede wahrgenommen.

Fazit: die Whiskygötter wissen schon, warum sie uns Glencairns, Bugattikelche und ähnliche Glasformen geschenkt haben. Aus diesen Glasformen und -volumina ist die Aromakomposition sehr ausgewogen. Diese Balance geht beim Cognacschwenker (zumindest in meinem Einzeltest) völlig verloren.

Bleibt die Frage: Warum wird Cognac aus den typischen Cognacschwenkern getrunken? Eigentlich ähneln sich Cognac und Whisky doch durchaus. Beides sind Brände, die nach der Destillation lange in Holzfässern reifen und (mal abgesehen von Fassstärkeabfüllungen) in ähnlicher Alkoholstärke daherkommen. Ist Cognac so geruchsarm, dass er die Glasform als "Booster" braucht? Eigentlich kaum anzunehmen. Ich glaube, ich suche mir mal einen Cognacliebhaber in der Bekanntschaft, mit dem ich mich austauschen kann.

Der Vollständigkeit halber: zur Destillerie des Whiskies, mit dem ich getestet habe, gehts hier: Tobermory

Bowmore 15 yrs Darkest

Bowmore 15 yrs „Darkest

Bowmore ist der Hauptort der Insel Islay. Etwa ein Drittel der Inselbevölkerung lebt dort. Und der Ort beherbergt seit 1779 die älteste Destillerie der Insel. Aber auch wenn man an Bowmore (dem Ort) nicht vorbei kommt, wenn man auf der Insel unterwegs ist, hatte ich die Destillerie bisher ein bischen links liegen gelassen. Vielleicht liegt das daran, dass ich nie so richtig warm geworden bin mit deren Whiskies. OK, die Signatory Cask Strength Abfüllung ist schon klasse, und auf das Sample des Bowmore 1965, das seit meinem letzten Geburtstag im Regal steht, freue ich mich schon sehr. Aber die Standardwhiskies? Irgendwie liegen sie in der goldenen Mitte: weniger Torf als Ardbeg, Laphroaig und Co, weniger rund, weich und voll als ein Glenmorangie, Macallan oder Edradour. Und irgendwie sind die Bowmores in dieser goldenen Mitte immer durchgefallen. Immer war ein anderer Whisky wichtiger.

Zu Recht? Beim letzten Besuch in Bowmore war dann auch die Destillerie mal an der Reihe. Die Tour war eine Standardtour in einer größeren Gruppe, aber die Destillerie liegt wirklich sehr schön. Im Shop habe ich bewusst zu mehreren Miniaturen anstatt einer großen Flasche gegriffen, zum einen, weil der Koffer für den Rückflug ohnehin schon bedenklich schwer war, zum anderen, weil ich mir einen breiteren Überblick über die Standardabfüllungen verschaffen wollte. So landeten ein 18-jähriger, ein Small Batch und eben ein Bowmore 15 yrs „Darkest“ mit 43%, weder gefärbt noch gefiltert, in meiner Tasche. Um den Darkest soll es hier gehen, die anderen folgen dann bei Gelegenheit.

Der Darkest wird 12Jahre in Ex-Bourbon Barrels gelagert, bevor er sein Finish für satte drei Jahre in Sherry Casks (First Fill, Oloroso) bekommt.

Colour: Hennarot. Der dunkelste Whisky, den ich bisher gegen die Farbkarte gehalten habe. Kein Wunder, bei drei Jahren im Sherryfass.

Nose: In die Nase steigt zunächst der Alkohol, obwohl der Darkest nicht besonders stark ist. Dann kommen Holz und ein wenig Sherry und Rauch dazu. Außerdem war da noch etwas, das war nicht wirklich identifizieren konnten. Irgendein Gewürz? Meine Frau hatte die Assoziation „Maggi“. Vielleicht war es ja der Weizen, aus dem die berühmte Würze gemacht wird. Obwohl: wie sollte Weizen in einen Single Malt Whisky kommen? Manche Geheimnisse behält ein Whisky eben für sich.

Interessant übrigens: die Schokoladenaromen, von denen auf dem Etikett die Rede war, haben wir zunächst nicht gefunden. Nachdem der Whisky aber eine halbe Stunde im Glas gestanden hatte, war die Schokolade sehr präsent. Ein gutes Beispiel dafür, dass sich Geduld mit Whisky auszahlen kann. Nicht nur, solange er im Fass liegt.

Taste: Auch auf der Zunge machen sich Alkohol, Holz und Rauch bemerkbar. Hier finden wir aber auch Trockenfrüchte.

Finish: Der Abgang schließlich ist vergleichsweise kurz und wiederum ein wenig rauchig. Rauch im Finish habe ich noch selten erlebt. Insgesamt ist die durchgängige Präsenz von Rauch das Merkmal, das mir am nachhaltigsten in Erinnerung geblieben ist. Der Rauch war zu keiner Zeit intensiv (wie bei einem Talisker oder Laphroaig), aber der leichte Hauch war halt immer da.

So, und was mache ich jetzt daraus? Jedenfalls kein schlechter Whisky. Die mächtigeren Torf-Whiskies sind mir immer noch lieber, und einen Whiskyanfänger, den man vielleicht einmal zu Besuch hat, fängt man immer noch eher mit einem Speyside, aber vielleicht ist der Darkest ein guter Tropfen für einen ruhigeren Abend (bei mir) oder einen Zweitbesuch (beim Gast). Mal sehen, was die anderen Bowmores zu sagen haben. Vielleicht landet dann ja doch mal eine große Flasche im Regal.

Wertung:

Zur Destillerie gehts hier: Bowmore

Ben Riach 13 yrs Maderensis Fumosus

BenRiach Maderensis Fumosus

Nach einer ganzen Weile, in der ich Whisky eher schubweise (wenn man das so sagen kann) genossen habe - Tasting, privates Tasting, Kurzreise nach Schottland) hatte ich endlich mal wieder Zeit und Ruhe, einen Whisky in Ruhe zu genießen. Der BenRiach Maderensis Fumosus, 13 yrs mit modernen 46% und einem Finish in Madeira Barrels steht schon seit einer Weile in meinem Whiskyregal. Ich habe ihn in Köln gekauft, im ersten Cadenheads Laden außerhalb von Großbritannien, den ich schon aus der Zeit kenne, als ich noch im Rheinland wohnte. Bei einem Besuch letzten Sommer konnte ich nicht an der Flasche vorbei, zum einen, weil ich Sherry- und Portfinishes mag und mit Madeira etwas ähnliches erwartete, zum anderen, weil ich sehr gute Erinnerungen an einen anderen BenRiach - den mit dem Rumfinish - hatte.

Erwartungen sind so eine Sache. Meine bewahrheiteten sich diesmal nicht. Ich hatte viel Süße und sherryartige Noten erwartet. Das "Fumosus" im Namen weist zwar eindeutig auf Rauch hin, aber ich habe mich von dem Farbeindruck verleiten lassen ...

Colour: Kupfer (nicht gefärbt)

Nose: Gleich die erste Nase ist voller Rauch und wirft meine Erwartungen über den Haufen. Das riecht ganz schön heftig. Als sich der Rauch ein bischen verzieht, kommen Madeira und Gewürze zum Vorschein, vielleicht ein bischen Räucherschinken.

Taste: Auf der Zunge setzt sich der Rauch fort, auch Gewürznoten sind wieder da. Außerdem finde ich modrige Noten (was nicht negativ gemeint ist), und ein bischen Holz. Der Geschmack ist durchaus scharf, der Whisky belegt regelrecht die Zunge.

Finish: Das recht lange Finish ist warm, aber rauh. Auch hier setzt sich der sehr intensive Sinneseindruck fort, den der Whisky mit sich bringt.

Wertung:

Der BenRiach ist bestimmt kein einfacher Whisky. Der Rauch ist nicht weich, sondern rauh. Rauch und Süßwein bilden keine Einheit, sondern bauen eher ein Spannungsfeld auf, in dem Nase, Zunge und Gaumen hin und her gerissen werden. Wer sich darauf einlässt und die Mühe auf sich nimmt, sich diesen Whisky zu erarbeiten, der wird mit einem vielseitigen Feuerwerk der Sinne belohnt. Ich werde ihn mit Sicherheit nicht oft trinken, aber wenn, dann werde ich immer wieder Freude daran haben.

Zur Destillerie gehts hier: BenRiach

Private Tasting (Oktober 2015)

Private Tasting

Zu einem typischen Tasting geht man in ein Lokal oder eine andere Örtlichkeit, die der Veranstalter gebucht hat. Man zahlt den Preis (oder hat ihn schon vorher überwiesen) und genießt die angebotenen Whiskies und die Moderation des Veranstalters. Wer Drambo regelmäßig liest, hat mitbekommen, dass ich diese Art der Veranstaltung durchaus gelegentlich besuche.

Zu einem untypischen Tasting trifft man sich mit denselben Leuten privat, die man sonst bei den typischen Tastings trifft (einschließlich der Veranstalter!), bringt die Whiskies, die man gerne einmal vorführen möchte selbst mit und verzichtet auf die Moderation. Stattdessen erzählt jeder über die eigenen Whiskies, was er für erwähnenswert hält.

Ein solches Tasting fand kürzlich statt, und ich war dabei. Der Vollständigkeit halber (und weil er das hier bestimmt auch liest ) sei erwähnt, dass einer der Veranstalter unserer typischen Tastings verhindert war. Ich finde, das ist Grund genug, so etwas nochmal zu wiederholen.

Elf Teilnehmer, knapp 20 Whiskies und ein Gastgeber, der nicht nur die Räumlichkeiten zur Verfügung stellte, sondern auch für das kulinarische Umfeld (andere Getränke, Häppchen) und die mediale Begleitung (schottische Musik und Fotos von den letzten Schottlandreisen) aufs Feinste gesorgt hatte. Damit waren alle Voraussetzungen für einen weiteren unvergesslichen Abend geschaffen.

Natürlich kann man an einem Abend nicht 20 Whiskies kosten. Schon die zwölf (plus ein Whiskylikör), auf die ich es gebracht habe, gingen nur, indem man sich bei der Menge zurückhielt und an dem einen oder anderen nur mal nippte. Und die Heimfahrt im Taxi war auch selbstverständlich.

Mehr noch als bei klassischen Tastings gilt bei dieser Art der Veranstaltung, dass man keine ausführlichen Tastingnotes zusammenbekommt. Aber darum geht es ja auch gar nicht. Viel wichtiger sind die Gespräche (über Whisky und anderes) und das gemeinsame Genießen der mitgebrachten Tropfen. Dshalb auch hier eine Liste der gekosteten Whiskies mit den kurzen Anmerkungen, die ich mir notieren konnte.

  • Glen Els, Special Release 2014, 46,6% - Double Port, non-woodsmoked, aged 4 to 7 years, NCF, NC, Casks: Tawny and Ruby Port Hogsheads and Firkins (50l), Batch 1604, 925 bottles. Welch ein Auftakt! Portaromen ohne Ende, dazu Marzipan, Toffee, Vanille. Alles an diesem Whisky ist warm, weich, langanhaltend und intensiv.

  • Crac's, 8 yrs, 40% - Direkt danach das genaue Gegenstück, ein spanischer Whisky. Der schmeckte nach Gerste, Gras und Holz, völlig ohne Esprit. Beim Whisky müssen die Spanier offensichtlich noch viel lernen. Gut, dass das beim Wein völlig anders ist.

  • Knockando 1975, 43% - Season 1975, bottled 1987. Das ist ein ganz klassischer Speyside, in Ex-Bourbon-Fässern gelagert. In der Nase und auf der Zunge kommen hauptsächlich die klassischen Holz- und Vanillenoten an. Der Knockando ist zwar nicht sehr alt im Sinne der Lagerdauer im Fass (obwohl heute auch immer mehr noch deutlich jüngere Abfüllungen auf dem Markt sind), aber er ist zu einer ganz anderen Zeit hergestellt worden als "heutige" zwölfjährige. Und das merktt man. Woran genau, weiß ich gar nicht mal, aber irgendwie ist er anders. Ein Besucher aus einer anderen Zeit halt.

  • Tormore 1996, 43% - Gordon&Macphail, Connoisseurs Choice, NAS. Hat er nun Sherry oder nicht? Wir waren uns nicht ganz einig, und auch das Etikett gab keinen genauen Aufschluss. Mir ging ein Hauch von Sherry durch die Nase, andere registierten eher die für Ex-Bourbon-Fässer typischen Holznoten. Außerdem waren noch Früchte dabei, Aprikose vor allem.

  • Glen Scotia Victoriana, 51,5% - exceptionally rare, Campbeltown, NCF, finished in the finest deep charred oak casks, NCF. Selten und gut. Selten einen so guten Whisky getrunken. In der Nase Holz, Kräuter, Schokolade und Malz, im Mund dann zum Schluss noch ein leichter Salzgeschmack. Langer Abgang.

  • Scoma Springbank Single Bourbon Cask, 47,2% - distilled December 1990, bottled September 2013, 209 bottles, aged 22 yrs, double matured barrel no. 586, matured for 10 years in Campbeltown, matured for 12 years on Isle of Islay, bottled for Scoma GmbH (Scotch Malt Whisky GmbH). Bourbon, Früchte, süß und mit einer Art modriger Note in der Nase. Im Mund und im langen Abgang dann deutlich salzig.

  • Glendronach 1995, 55,8% - aged 19 yrs, Cask Strength, NCF, NC, exclusively matured in the finest Pedro Ximinez Sherry Casks. Eine Farbe wie schwarzer Tee, den man zu lange hat ziehen lassen.Sehr intensives Aroma, dunkle Schokolade, Schokoladenpudding, Rosinen, Haselnuss. Im Mund dann viel Sherry und wieder Schokolade. Abgang: gar nciht mal so lang, aber warm und sehr, sehr gut.

  • Highland Park 12 yrs, 40% - Der kam mir fast so vor, als sei er zur Erholung zwischen den anderen Superwhiskies eingestreut worden.

  • Aberlour a'bunadh, 59,3% - NCF, Speyside, Batch No. 22, straight from the cask. Sherry, Sherry, Sherry. Und dazwischen ein paar Rosinen- und Holznoten. Außerdem viel Alkohol. Das schmeckt man zwar nicht bei jedem Fassstärke-Whisky so intensiv, aber es wundert einen natürlich auch nicht. Jedenfalls ehr gut.

  • Laphroaig Quarter Cask, 48% - Den Quarter Cask habe ich hier schon mal beschrieben und mit dreieinhalb Sternen auch überdurchschnittlich bewertet. Beim Private Tasting war er der erste Whisky mit Torf. Und trotz der sagenhaft guten Whiskies, die wir bis hierher schon hatten: der Quarter Cask hat mich an dieser Stelle des Abends völlig umgehauen. Die Intensität an Geruchs- und Geschmacksnoten: einfach unglaublich.

  • Ardbeg Uigedail, 54,2% - NCF. Dagegen ging der Uigedail, eigentlich irgendwo in den Top Five meiner Favoriten, in dieser Umgebung fast unter. Hätte ich einem Ardbeg gar nicht zugetraut, aber der fühlt sich in Gesellschaft anscheinend nicht sehr wohl und zeigt sein Können lieber, wenn man mit ihm allein ist.

  • Port Charlotte Scottish Barley, 50% - Hier war ich dann, glaube ich, schon über den Punkt hinweg, an dem ich einen Whisky zuverlässig beurteilen konnte. Mich hätte der direkte Vergleich zum Port Charlotte Islay Barley interessiert, der direkt daneben stand, aber noch ein Whisky wäre wohl der berühmte "eine zu viel" gewesen. Man muss wissen, wann Schluss ist, und den Vergleich hole ich dann lieber mal irgendwann nach, wenn ich auch was davon habe.

  • Kilchoman New Spirit Bramble Liqueur, 19% - nur für einen Likör hat es noch gereicht. Und auch den kannte ich schon. In Kilchomans Brombeerlikör steckt außer eben Brombeeren sowohl der Whisky des Hauses als auch deren New Make. Na, vermutlich ist er nicht ganz frisch destilliert, sondern hat schon eine Weile im Fass gelegen, aber eben noch keine drei Jahre, so dass er sich Whisky nennen dürfte. Die Kombination aus dem süßen Brombeergeschmach und den intensiven Raucharomen des Kilchoman-Whiskies ist sehr gewöhnungsbedürftig. Ich bin auf diesem Weg der Gewöhnung schon einen Schritt weiter als zu Beginn (und weiter als meine Frau), aber bis zur Freundschaft ist es noch ein weiter Weg.

Eine lange Liste für einen langen Abend. Beim nächsten Mal (das es sicher geben wird) werden es bestimmt weniger Whiskies. Aber ich bin sicher: der Abend wird um keinen Deut schlechter. Sláinte.

Tasting: Die letzten Tropfen (malt'n'taste)

Die letzten Tropfen

Wenn man sich eine Landkarte der schottischen Destillerien anschaut, dann ist diese Karte zu nicht unerheblichen Teien mit Markierungen bedeckt. Stand August 2015 meldet Wikipedia 108 aktive Destillerien. Mehrere Hundert weitere sind längst Geschichte.

Unter den geschlossenen Destillerien kann man mehrere Gruppen unterscheiden. Da sind zum einem diejenigen, die noch vollständig intakt sind, aber derzeit nicht produzieren. Solche Ruhephasen, manchmal jahrzenhtelang, machen viele Destillerien durch, und das Beispiel Ardbeg zeigt, dass auch die Großen der Branche nicht davor gefeit sind.

Neben den Destillerien, die schon seit langen Jahren nicht mehr existieren (z.B. Octomore oder viele Brennereien aus Campbeltown, der ehemaligen Hauptstadt des Malt Whisky) und von denen oftmals nicht einmal mehr die Gebäude stehen, gibt es noch eine kleine, aber interessante Gruppe geschlossener Destillerien. Auch diese sind unwiederbringlich Geschichte, weil die Gebäude oder zumindest die Einrichtung (insbesondere die Brennblasen) nicht mehr existieren, von denen aber noch Lagerbestände der letzten Produktion existieren.

Das bekannteste Beispiel dieser Gruppe dürfte Port Ellen auf Islay sein. 1983 gschlossen, weil der Besitzer (heute Diageo) gleich drei Brennereien auf dieser Insel besaß (Port Ellen, Lagavulin, Caol Ila) und seine Produktion optimieren und sein Markenportfolio straffen wollte. Von der Brennerei in Port Ellen stehen noch die dekorativen Pagodentürme und einige Warehouses. Der Rest ist weg und kann nie wieder aufgebaut werden. Natürlich könnte man an dieser Stelle eine neue Destillerie installieren, aber bei den vielen Faktoren, die das Geschmack eines Whieskies mitbestimmen, dürfte sich der "alte" Port Ellen nie wieder erzeugen lassen. Ob man bei Diageo geahnt hat, dass die Preise für Abfüllungen aus Port Ellen dermaßen durch die Decke gehen? Im Ballygrant Inn, einer der schönsten Unterkünfte und die größte Whiskybar auf Islay) sagte uns der Besitzer, dass er aufgehört habe, Port Ellen Abfüllungen für die Bar zu kaufen, seit die Einstandspreise über 1500,- GBP gestiegen sind.

Andere Destillerien dieser Kategorie sind auch nicht gerade für Schnäppchenpreise zu bekommen, aber doch weit von den oben genannten Regionen entfernt und oftmals einen Versuch absolut wert. Michael von malt'n'taste hat sechs davon herausgepickt und uns in einem seiner gekannten Tastings serviert. Und er hat wirklich feine Tropfen gefunden. Da kann man echt traurig sein, dass es wirklich "die letzten Tropfen" sind. Die bessere Idee ist aber natürlich, sich darüber zu freuen, dass man diese Tropfen genießen darf.

Die Notes fallen wie üblich bei Tastings etwas kürzer aus, aber die Liste und ein paar Gedanken zu jedem Whisky dürfen natürlich nicht fehlen.

  • Littlemill 12 yrs, Lowlands, 40% - Farbe: Safran. Holz und Vanille in der Nase, dazu Äpfel, die sich auch auf der Zunge wiederfinden. Frisch und "bissig". Kurzer und erdiger Abgang. Interessant: Es ist gut möglich, dass der Whisky älter ist als das Label aussagt. Littlemill hat nämlich zum Schluss keine Etiketten mehr drucken lassen. D.h. die letzten Abfüllungen wurden mit Etiketten ausgeliefert, deren "12 yrs"-Aufdruck im wahrsten Sinne des Wortes veraltet waren.

  • Imperial 19 yrs, Speyside, 54,6%, Flasche #86 - Farbe: Safran. Der erste Eindruck in der Nase: "frisch gestrichen". Das war aber mit Sicherheit der Alkohol, der sich schnell verzog und fruchtigen Aromen (Pfirsisch, Pflaume, etwas Sherry) und einem Hauch von Zimt Platz machte. Im Mund biss der Alkohol dann noch mal gut zu. Die Fruchtaromen blieben in der Nase, auf der Zunge waren Holz, kalter Rauch, Süße und Würzigkeit. Im Abgang tauchte dann noch ein bischen Mandel auf. Der Imperial ist definitiv in der oberen Tabellenhälfte des Abends zu finden.

  • Caperdonich 1999-2014, Speyside, 46% - Farbe: Senf. Dieser Whisky hat in einem Refill Sherry Cask gelegen. Ich habe zwar die üblichen Sherryaromen vermisst, aber vielleicht kommen Frische, Weichheit und süße Birne in der Nase aus dem Fass. Im Mund dann ganz anders: pfeffrig, würzig und Banane(!).

  • Rosebank 1990-2014, Lowlands, 46% - Farbe: Senf. Rum, Rosinen und Lakritz in der Nase, dazu bittere Früchte wie Pink Grapefruit oder Blutorange. Auf der Zunge dann brennende Schärfe, Pfeffer und Holz, vielleicht ein bischen Schokolade. Das Spannendste an diesem Whisky ist aber der Geschmack des Alters. Vielleicht spielen auch die Fülle im Mundraum und seine auffällige Balance eine Rolle, aber irgendwie schmeckt man, dass es ein alter Whisky ist.

  • Glen Mhor 29 yrs, Highlands, 51%, Cask Strength - Farbe: Kupfer. Um auf eine Fassstärke von nur noch 51% zu kommen, muss ein Whisky schon eine ganze Weile liegen, was man bei 29 Jahren durchaus so nennen kann. In der Nase fallen Sherry, Holz und Apfel (Winterapfel?) auf. Auf der Zunge dann Holz, Pfeffer, alter Kork und vielleicht ein bischen Salz und Leder(?). Das Finish ist überraschend heiß und mächtig, aber nur mittellang. Mein Favorit des Abends. Interessantes Detail am Rande: Das Etikett weist den Glen Mhor als Speysidewhisky aus. Die Destillerie liegt aber bei Inverness und damit eindeutig außerhalb der Region Speyside. Da sollte also eigentlich "Highlands" stehen. Dem Genuss tut das aber natürlich überhaupt keinen Abbruch.

  • Dallas Dhu 1975-2013, Speyside, 40%, Refill Bourbon - Farbe: Safran. In der Nase sehr blumig, aber auch Früchte (Citrusfrüchte, Mandarinen, vielleicht Pfirsisch). Und Schokolade. Im Mund süß, frisch und fruchtig, mit ein bischen Holz. Auch hier schmeckt man das Alter. Das Finish ist ebenfalls süß und fruchtig und hält sich schön lange in der Atemluft. In meiner persönlichen Liste des Abends nur knapp vom Glen Mhor geschlagen.

Fazit? Ein toller Abend, der so nie wieder kommt, der aber Lust macht, immer wieder Michaels Tastings zu besuchen. Ich feue mich schon auf seine Pläne für das nächste Jahr!

Empfehlung für Neugierige: seine Website: malt'n'taste

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