Endlich mal ein schöner Sommerabend. Nach langer Zeit ergab sich endlich mal wieder eine Gelegenheit, auf dem Balkon zu sitzen und raus ins Grüne zu schauen. Was könnte dazu besser passen, als ein paar Whiskies, denen man sich mit viel Zeit und Ruhe widmen kann. Ich hatte da noch ein paar Drams, die es längst verdient hatte, dass man sich um sie kümmert.
Der erste Whisky an diesem Abend war ein Tropfen aus Deutschland, der Glen Els Black Morbow, der, soweit ich die Informationen aus dem großen weiten Netz richtig verstehe, in einem Malagafass gelagert und in einem PX-Fass gefinisht wurde. (Die andere Lesart wäre gewesen, dass er diese beiden Finishes bekommen hätte, aber das erscheint mir unwahrscheinlich.) Wie lange die Lagerung dauerte, darüber habe ich nichts gefunden. Die Abfüllung stammt aus dem November 2015. Abgefüllt wurde Fass #1677, und herausgekommen sind gerade mal 60 Flaschen mit 48,9% Alkohol. Woher ich das Sample habe, weiß ich gar nicht mehr so genau. Ich glaube, es war ein Bonbon bei einer anderen Flaschenteilung.
Na egal, jetzt war er im Glas ...
Colour: D1 (Pariser Rot) - Oh la la! Einen so dunklen Whisky hat man nicht alle Tage im Glas.
Nose: In der Nase kommt im ersten Moment gar nicht viel an. Aber was da ist, ist weich, mild, warm und sehr angenehm. Bei genauerer Betrachtung (wenn man das mit der Nase so nennen kann) finde ich getrocknete Früchte, Rosinen, Pflaumen, Rum/-topf, halt alles, was man so von einem PX-Finish erwartet. Daneben entwickelt sich aber auch der Alkohol, der im ersten Moment gefehlt hatte, und Mandeln, ein bischen Vanille, Karamell (oder besser Fudge) und Milch! Vielleicht war das auch eher eine Assoziation als eine wirkliche Geruchsnote, aber es trug deutlich zu dem Eindruck von Weichheit und Wärme bei. Mit der Zeit verfliegt der Alkoholgeruch dann zusehends wieder, während die Rosinen- und Mandelaromen zunehmen.
Taste: Auf der Zunge bestätigen sich dann die meisten Aromen, die ich schon gerochen hatte. Allerdings wird alles etwas trockener und rauher, als es noch in der Nase war. Die Rosinen und Pflaumen werden zu Studentenfutter, die für die Weichheit zuständige Milch verschwindet (alles andere hätte mich allerdings auch gewundert), ein bischen Holz kommt vielleicht auch durch? Der gesamte Geschmack ist jetzt kraftvoll, ein bischen brennt der Glen Els auch auf der Zunge. Der wesentliche Begriff, der meinen Gesamteindruck beschreibt, ist "herb". Und wie bei einem trockenen Rotwein (den ich sehr mag), einer zartbitteren Schokolade (an die ich mich seit meiner Vorliebe für Whisky herantaste) oder einem würtigen Chili, Curry oder Chutney: es sind immer die Varianten, an denen man sich ein bischen reiben kann, die mir am besten schmecken. Und das passt auch hier: der herbere Geschmack ist mir deutlich lieber als der süßere Geruch. Wer es auch im Mund lieber süß mag, der kann zu ein paar Tropfen Wasser greifen. Dann wird alles wieder rund, weich, süss und - trotz meiner anderen Vorlieben - stimmig.
Finish: Mit einem langen Finish kann der Black Morbow allerdings nicht aufwarten. Andererseits ist es auch nicht kurz. Mit "mittel" ist nicht nur das Finish gut beschrieben, sondern es passt auch zum restlichen Eindruck des Whiskies.
Vielleicht hätte ich das Sample noch stehen lassen sollen. Alles in allem ist das nämlich ein hervorragender Weihnachtswhisky, so etwas für lange Abende, an denen es draußen stürmt, schneit oder sonst etwas unangenehmes tut und an denen man froh ist, dort draußen eben nicht zu sein. Aber ich glaube, in dem Black Morbow war auch einiges, was für Glen Els allgemein typisch ist. Und bis es wieder Winter wird, habe ich ja noch etwas Zeit, mich mal nach einem anderen Glen Els umzusehen ...
Das klassische Getränk zum sommerlichen Grillen ist eigentlich das Bier. wir haben uns einmal angesehen, wie man auch Whisky zum zentralen Getränk rund um ein Barbequeue machen kann. Dazu hatten wir ein Seminar bei 360°BBQ gebucht, das unter dem Motto "Special mit Whisky-Tasting" stand. Den Whisky-Anteil steuerten unsere Freunde von Taste-ination bei, und weil wir ja aus demselben Ort kommen, hatten wir - im Austausch gegen ein bischen Hilfe beim Kistentransport - auch gleich eine Mitfahrgelegenheit.
Der Abend fand in den Verkaufsräumen von 360°BBQ statt, was aber mitnichten heißt, dass man sich die Ausstellungsfläche mit den ausgestellten Waren hätte teilen müssen. In der Halle ist eine kleinere (aber immer noch komfortabel große) Holzhütte aufgebaut und urig-wohnlich eingerichtet, in der gegessen wurde. Verschiedene Grills waren unmittelbar vor dem Gebäude in einem überdachten Bereich platziert, so dass wir kurze Wege und reichlich Platz hatten.
Vor den Genuss hatten die Veranstalter allerdings ein wenig eigene Arbeit gesetzt. In einem Nebenraum mit etwa einem Dutzend Arbeitsplätzen waren verschiedene Aufgaben vorbereitet, vom Kartoffelschälen über das Würzen von Drumsticks bis zum Schälen und Würfeln von Obst, Knoblauch und Ingwer. Alle Tätigkeiten wurden kurz erklärt, dann durften wir - unterstützt mit Rat und Tat - erst mal auf eigene Faust loslegen. Meine Frau und ich schälten und würfelten Obst und Gewürze für ein Chutney. Ob die Messer zum Schutz der Gästefinger oder aufgrund eines ausgeklügelten Zeitmanagements ("Wir brauchen Zeit, um die Grills vorzuheizen") so stumpf waren, ob wir einfach nur Pech bei der Werkzeugauswahl hatten oder aus welchem Grund auch immer: wir hatten hart zu arbeiten, und unseren Anteil am Menü haben wir uns ehrlich verdient.
Die vorbereiteten Zutaten gelangten nun eine nach der anderen auf die (natürlich zeitlich perfekt vorbereiteten) Grills. Zuallererst gab es Flammkuchen vom Pizzastein aus fertigen Teigplatten, belegt mit Creme Fraiche, Gemüsezwiebelringen und Speckwürfeln. Der war sehr schnell und einfach gemacht und bietet sich auch für zu Hause als Vorspeise an. In diesem Fall verschaffte er den Grillmeistern ein wenig Zeit und uns den Genuss, zumal der Flammkuchen mit dem ersten Whisky kombiniert wurde. Der Girvan ist ein Single Grain Whisky und wie die meisten Vertreter dieser Spezies sehr weich, fruchtig und süß. Ein gelungener Einstieg in den kulinarischen Abend.
Weiter ging es mit Garnelenspießen mit Pfirsich-Whisky-Chutney (Girvan), einem Rindersteak (5 cm dick! - Der Spruch dazu aus den hinteren Reihen: "Alles unner 2cm iss Uffschnitt.") mit Kartoffeltalern, Grilltomaten und Whiskybutter (Lagavulin), Drumsticks mit scharfem Trockenrub (Balvenie?), einem Irischen Whiskyeintopf aus dem Dutch Oven (Glenfiddich) und zum Nachtisch Schoko-Kirsch-Whisky-Kuchen im Glas (Finch).
In den Gerichten wurde jeweils der dazu gereichte Whisky verarbeitet. Da es eine Änderung der Reihenfolge gab, bin ich mir nur fast sicher, was die angegebenen Whiskies angeht. Und im Rezept zu den Drumsticks kommt gar kein Whisky vor. Ich glaube, den Balvenie gab es einfach nur so dazu. Egal, war auch lecker. Und wie!
Gelernt haben wir an dem Abend übrigens weniger, als wir erwartet hatten. Wir hatten vermutet, dass wir mehr über den Umgang mit den Grills erfahren würden. Nicht was das Alltagsgrillen angeht (ein paar Würstchen kriege ich schon noch hin), aber ich hatte gehofft, ein paar Tricks für die "gehobene Grillkunst" zu bekommen. Dafür war einfach zu viel Trubel, so dass es mehr von Show als von Seminar hatte. Aber im Nachhinein konnte ich mich damit sehr gut anfreunden. Mit einer guten Show und dem leckeren Essen natürlich sowieso, aber auch damit, dass der Lernanteil nicht so groß war. Das wurde durchaus clever ersetzt: ich habe nämlich an dem Abend einfach Lust bekommen, mich mehr mit den Möglichkeiten des Grillens auseinander zu setzen. Den ersten Anfang haben wir übrigens schon gemacht: mit einem Pizzastein (Neuerwerbung an diesem Abend ...) haben wir die Flammkuchen schon erfolgreich nachgebaut - allerdings mit selbstgemachtem Teig. Dadurch muss man zwar wieder etwas mehr experimentieren, aber genau das macht dann letztlich den Spaß aus. Der Abend hat mir vermittelt, dass Grillen kein Geheimnis ist, und dass man keine Angst vor Experimenten haben muss.
Die Whiskies kannte ich nun alle schon (nur bei dem Girvan bin ich mir nicht sicher, ob es genau derselbe war), aber auch hier gab es Neues zu erleben, nämlich die Kombination aus Whisky und dem Gang, zu dem er gereicht wird. Da gibt es natürlich unendliche Kombinationsmöglichkeiten, und dass es nicht immer nur die klassischen Kombinationen sein müssen (zu einem kräftigen Rindersteak bietet sich ein kräftiger, rauchiger Whisky nun mal an), das zeigte etwa der Nachtisch, zu dem es zwar keinen scharfen und rauchigen, aber mit 54% eben auch keinen nur süßen, weichen und fruchtigen Whisky gab. Das Gebiet der Kombinationen, seien es nun klassische oder ungewohnte, beherrscht Michael exzellent, und das kam auch bei den Teilnehmern sehr gut an, soweit ich das beobachten konnte.
Bleibt noch zu erwähnen, dass bei 360°BBQ nicht nur mit Whisky gegrillt wird. In der Grillakademie gibt es eine ganze Reihe Kurse unterschiedlicher Expertisestufen und Geschmacksrichtungen, von "US Steakhouse Culture" über "Wild und Wald" bis zum "Hessisch Grillen". Ich bin sicher, dass ich dort nicht meinen letzten Grillkurs gemacht habe.
Manchmal hat man einfach genug. Nach der wunderschönen Schottlandreise letzten Monat, bei der es viele hervorragende Drams zu verkosten und zu genießen hab, hatte ich das Bedürfnis, mal eine Weile ohne Whisky und Spirituosen auszukommen. OK, mal genippt habe ich dann doch (an einem leckeren Rum, den meine Frau sich gegönnt hat), und als der Regen mal nachließ, um einem warmen und schönen Abend Platz zu machen, gab es auch mal einen Longdrink (Whiskylikör mit Tonic Water), aber ansonsten habe ich mir Spirituosen (und auch andere Alkoholika) gespart. Und ich muss sagen: es hat gut getan.
Nach fast drei Wochen selbstgewählter Abstinenz gab es jedoch den nächsten Tasting-Termin bei malt'n'taste, und den wollten wir uns nicht entgehen lassen. Michael hatte zum Blind Tasting eingeladen, und da wir es bisher nie geschafft hatten, diese besondere Art des Tastings zu besuchen, freuten wir uns auf eine neue Erfahrung.
Klassischerweise gibt es in einem Blind Tasting so wenig Informationen wie möglich, um ausschließlich Nase und Zunge zu einem Urteil kommen zu lassen. Das ist bei Michael etwas anders. Er lockert die strenge Form ein wenig auf, zum Beispiel, indem er keine gefärbten Gläser verwendet, so dass man die Farbe der Whiskies sehen kann. Außerdem gibt es an zwei Stellen im Tastingverlauf jeweils einen Informationsblock mit einigen allgemeinen Fakten über das gesamte Starterfeld. Die aufgelockerte Struktur kommt der Stimmung im Teilnehmerkreis deutlich zu Gute, es wurde intensiv diskutiert, spekuliert, gefachsimpelt und (natürlich) geraten.
Zu Beginn gab es einen Aufwärm-Dram. Das hat nichts mit "warmtrinken" zu tun, sondern dient der Kalibrierung der Zunge. Bevor man sich auf Unbekanntes einlässt (das man auch noch erraten soll), ist es wirklich hilfreich, einen bekannten (oder zumindest ganz klassischen) Dram auf der Zunge zu haben. Zu diesem Zweck schenkt Michael gerne den Glen Grant 10 yrs aus, eben einen ganz klassischen Speysider, Ex-Bourbon mit 40%, ausgewogenen Fruchtaromen und einem langen, nussigen Finish. Danach hat man sozusagen seine Baseline im Kopf und kann sich von dort aus zu neuen Erkundungen aufmachen.
Ich teile diesen Artikel ungefähr so auf wie Michael sein Tasting, nämlich in einen Teil mit der Vorstellung der Rätsel Whiskies (mit meinen und anderen Rateversuchen in kursiver Schrift) und einen anschließenden Block mit der Auflösung. Also los:
Whisky No.1 - M8 (Kupfer) - Der erste Whisky des Feldes hatte Noten von Sherry, Vanille, Früchten, Rosinen und Pflaumen in der Nase. Auf der Zunge vermengte sich das dann zu einem Gesamteindruck von Rumtopf. Außerdem kam Holz dazu, und das Gefühl einer trockenen Zunge. - Das kann doch nur ein Sherryfinish sein, oder? Mich erinnerte der Geschmack an einen Glenfarclas, aber damit war ich ziemlich alleine. Größere Einigkeit bestand darin, dass das ein Whisky in klassischer Trinkstärke war. Hatte der Geruch noch für "harmlose" 40% gesprochen, so gingen die Schätzungen nach dem ersten Schluck etwas nach oben. 43%? Keinesfalls mehr als 46%.
Whisky No.2 - M5 (Senf) - Hier hatten wir frische und helle Noten in der Nase, Zitrus, Honig, Vanille, Apfel, Calvados, wenig Holz, aber viel Ananas. Auf der Zunge dann wieder Ananas sowie viel Süße und Fruchtigkeit. Das Finish spielte sich schließlich recht lange im Mundraum ab, tiefer im Hals war ein leichtes Brennen zu spüren. Da - wie immer auf Michaels Empfehlung - etwas im Glas geblieben war, konnte man sehr schön die - recht unschöne - Entwicklung über die Zeit beobachten. Zum einen trübte der Whisky stark ein, zum anderen brachen nach einer Weile heftiger Ananasaromen Geruch und Geschmack völlig in sich zusammen. - Die süßen und fruchtigen Noten in Verbindung mit der doch recht hellen Farbe habe ich als Zeichen für ein Finish in einem trockenen Sherryfass gedeutet, vielleicht ein Fino? Von anderer Seite kam der Hinweis auf Armorik, einen französischen Whisky. Bei der Stärke tippten wir auf 46%, und der spätere Verfall brachte uns auf die Idee, dass dieser Whisky von einem Discounter stammen könnte. Das Image von "hält ernsthaften Qualitätskriterien nicht stand" hätte doch sehr schön gepasst, oder?
An dieser Stelle kam dann der erste Block mit Informationshäppchen. Michael ließ uns wissen:
- Die Whiskies des Abends sind zwischen 8 und 28 Jahre alt.
- Einer der Whiskies ist ein Blend.
- Die Einkaufspreise der Flaschen lagen zwischen 30,- und 110,- EUR. (Wie lange das jeweils her war, erfuhren wir aber nicht.)
- Die Stärke der Whiskies liegt zwischen 40% und 51,2%.
Hmm. Da konnte man jetzt noch nicht wirklich viel draus schließen. Es war wie bei einem Puzzlespiel: man entdeckt immer mehr Teile, die man grob zuordnen kann, aber wohin diese Teile im Gesamtbild genau gehören, findet man erst zum Schluss heraus, wenn sich dieses Bild öffnet.
Also ging es erstmal weiter:
Whisky No.3 - M10 (Henna) - Hier hatten wir nun einen recht dunklen Whisky, der in der Nase süß und schwer wirkte, mit Noten von Holz, Sherry und Rumtopf. Auf der Zunge gesellte sich dann der Eindruck von hoher Alkoholstärke und Alter hinzu. - Mit nur den Eindrücken aus der Nase wurde der Verdacht geäußert, dass dieser Whisky gefärbt sein könnte. Das haben wir aber nach dem ersten Schluck schnell revidiert. Zu viel Alkohol, zu mächtig, zu alt. Das ist kein Whisky, den man färbt, um den Markeneindruck konstant zu halten. Das könnte schon eher ein Whisky in Fassstärke sein, vielleicht sind das die als Höchstmarke aufgerufenen 51,2%? Mich erinnerte er an einen Edradour, aber wieder wollte sich niemand meinem Tipp anschließen.
Whisky No.4 - M10 (Henna) - Nochmal ein dunkler Whisky. Wie immer : Hoffnung auf einen leckeren Tropfen. Nach der ersten Bekanntschaft mit der Nase aber eher Befremden. Gummi, Maggikraut, Liebstöckel. Was hat er denn da ausgegraben? Auf der Zunge dann deutlich besser: Scharf und schwer, der Whisky zieht viel Speichel, ist sowohl pfeffrig als auch süß, hat ordentlich Alkohol. - Aber er bleibt ein bischen mysteriös. Außer der relativ hohen Alkoholstärke fällt uns dazu nicht wirklich viel ein. Immerhin scheinen wir die Pause gut überstanden zu haben. Bei andern Tastings neigt der erste Whisky nach der Pause schon mal zu leichten Noten von Frikadelle. Das tut dieser hier nicht.
Vielleicht hilft uns eine weitere Runde Tipps weiter:
- Es sind sowohl Standardabfüllungen als auch unabhängige Abfüller vertreten.
- Zwei der Whiskies sind Single Cask Abfüllungen.
- Alle Whiskies kommen entweder aus den Highlands oder aus der Speyside (außer dem Blend natürlich).
- Ein Whisky stammt von einem Discounter.
Aha! Jetzt finden sich also die ersten Puzzleteile zusammen, nicht wahr? Diese Ananasbombe (Whisky No.2), die mittlerweile gepflegt in sich zusammenfällt, das muss dann ja der Discounterwhisky sein. Hatten wir ja schon vermutet. Und dieser starke, bei dem wir 51,2% vermutet hatten (Whisky No.3), ist dann wohl ein Einzelfasswhisky. Oder doch nicht? Michael hielt natürlich absolut dicht, und wir sammelten weitere Puzzleteile.
Whisky No.5 - M7 (Safran) - Nicht mehr so dunkel wie die Vorgänger. In der Nase viele verschiedene Früchte: Apfel, Birne, Pfirsich. Alles recht süß. Und auch auf der Zunge süß und weich, eigentlich sind da nicht viele Geschmacksnoten. Und der Abgang? Fehlt völlig. Gleich noch einen Schluck probieren, diesmal ohne den Whisky einige Sekunden im Mund zu behalten. Nein, da ist wirklich gar nichts von Abgang. - Das wäre ein Kandidat für einen Blend. So weich und gesichtslos, das mag ich einem Single Malt nicht unterstellen.
Whisky No.6 - M7 (Safran) - Zuerst ziehe ich die Nase instinktiv zurück: wieder ein etwas muffiger Geruch, diesmal auch Kleber dabei: nicht schön. Das legt sich aber sehr schnell, und frische Noten von Zitrus, vor allem Orange, übernehmen das Kommando. Dazu kommen süße Töne, Honig. Auf der Zunge dann bleibt der süße Eindruck, es kommen aber Bitternoten dazu. Und er schmeckt recht alkoholisch. - Der geht bei mir überhaupt nicht. Hatte ich ihm die merkwürdigen Geruchsnoten am Anfang noch verziehen (es gibt halt Whiskies, denen man ein wenig Zeit geben muss), so komme ich am Ende mit der Kombination aus süß und bitter überhaupt nicht klar. Trotz gegenteiliger Meinungen unter den anderen Teilnehmern: meiner ist das nicht! Immerhin könnte das einer der Single Casks sein, stark genug dafür schmeckt er.
Die Auflösung
Wir wurden nun gebeten, unser Ranking auf einem Zettel zu notieren und die Zettel einzusammeln. Michael wertete in einer kleinen Pause die Zettel aus, und dann ging es an die Auflösung. Wie man sich doch täuschen kann ...
Natürlich hatten wir alle mit vielen Tipps daneben gelegen. Aber die Diskussionen und Überlegungen hatten viel Spaß gemacht. Und in der Auflösungsrunde sollte es (mit vielen Überraschungen) genauso weitergehen.
Eine kleine Anmerkung noch zu den kursiven Textanteilen: das ist eine bunte Mischung aus eigenen und fremden Ideen. Wo ich mich noch erinnern konnte, habe ich dazu notiert, was von mir war. Aber insgesamt darf man das nicht als Einzelmeinung sehen, eher als unterhaltsamen "Blend".
Nun also die Hitparade der Überraschungen:
Platz 6: Whisky No.2 - (bei mir Platz 6) - Mannochmore 14 years, Gordon&MacPhail Exclusive, Refill Sherry Hogshead, Cask #5271, 02.09.1998 - 07/2013, 1 of 312 bottles, 50%, Speyside - Das war die "Ananasbombe". Und das soll ein Single Cask gewesen sein? Oha, da haben wir ja gleich zum Auftakt völlig daneben gelegen. Aber die extreme Süße ist nicht jedermanns Sache, und die (fehlende, rückläufige) Geruchsentwicklung und die optische Eintrübung sind schon sehr untypisch für "gute" Whiskies, und mein persönliches Ranking muss ich auch nach dieser Auslösung nicht ändern.
Platz 5: Whisky No.5 - (bei mir Platz 4) - Ben Bracken 28 years, 1 of 6000 bottles, 40 %, Speyside, Lidl Schottland - Hier kam er dann, der Discounterwhisky. Auch wenn man vielleicht bereit ist, einem Discounter im Land des Whiskies mehr Qualität zuzutrauen als hierzulande ("Die können in Schottland doch keinen schlechten Whisky verkaufen, da merkt das doch jeder sofort"), mein Urteil bleibt bestehen: zu weich und zu gesichtslos, um wirklich Eindruck auf mich zu machen. Was allerdings beeindruckt ist, dass das tatsächlich der 28-jährige und damit älteste Whisky im Feld war. Das hatte ich nicht erwartet. (Übrigens ist Ben Bracken ein Phantasiename. Aus welcher Destillerie der Whisky stammt, ist nicht bekannt. Und die Einschränkung "Speyside" lässt ja auch noch reichlich Möglichkeiten.)
Platz 4: Whisky No.4 - (bei mir Platz 2) - Stewarts Dundee, Deluxe Blended Scotch Whisky, "Cream of the Barley", Blend, 43%, Flasche aus den 60-70ern, Enthält u.a. 20 Jahre alte Whiskies - Aha, der Blend! Ein ganz altes Schätzchen, das Michael auf einer Messe entdeckt hatte. Dazu war uns in der Tastingrunde nicht viel eingefallen. Nicht mal die vermutete hohe Alkoholstärke stimmte. Was uns hier stark in die Irre geführt hat, ist die Tatsache, dass es früher eine ganz andere Whiskyphilosophie gab als heute. Heutzutage sind Blends vor allem rund und ausgewogen, genau das gehört ja zur Kunst der Blender, diese Ausgewogenheit hinzubekommen. Früher hat man das nicht immer so gesehen, wie dieser Blend beweist, der viel kräftiger ist als ein heutiger Ballantines oder Johnny Walker. Und auch wenn mir die Geruchsnoten im ersten Moment befremdlich vorkamen: das ist ein Blend mit Ecken und Kanten, der mir aus heutiger Sicht näher an einem Single Malt als an einem Blend zu sein scheint. Jedenfalls hat er mich am Ende überzeugt, wie man an meiner persönlichen Platzierung sehen kann.
Platz 3: Whisky No.1 - (bei mir Platz 3) - Glendronach, 12 years, 43%, Highlands - Und auch dieser Whisky hatte ein paar Überraschungen für uns bereit. Lagen wir bei Alkoholstärke und grundsätzlicher Richtung (Sherry) noch richtig, so hatten wir nicht erkannt, dass es sich um eine vollständige Sherryfassreifung handelte. Und ich habe mit "Glenfarclas" natürlich weit daneben getippt.
Platz 2: Whisky No.6 - (bei mir Platz 5) - Balvenie Double Wood, 17 years, 43%, Speyside - Tja. Das war wohl für die Mehrheit der Teilnehmer ein Volltreffer. Beliebte Destillerie, interessante Fasskombination, schönes Alter. Ich glaube, mit meiner Einstufung auf Rang 5 stehe ich ziemlich alleine da. Und ich weiß nicht, wie ich diesen Whisky eingeschätzt hätte, wenn ich ihn in einem "normalen" Tasting bekommen hätte. Vielleicht suche ich mir den nochmal für eine Verkostung raus, wenn ein bischen Zeit vergangen ist. Aber ich bin nicht böse über meinen "Fehltritt", was die Bewertung angeht. Die Geschmäcker sind nun mal sehr unterschiedlich, und selbst, wenn ich später (mit dem Wissen, was ich im Glas habe) zu einem anderen Urteil komme, dann bleibt die ebenfalls sehr interessante Erkenntnis, wie stark man sich von Image und Etikett beeinflussen lassen kann.
Platz 1: Whisky No.3 - (bei mir Platz 1) - Glenburgie, 6 years Oak Casks plus 8 months Octave Sherry Cask Finish, 2008 - 2015, Cask 9410348, 1 of 88 bottles, 51.2%, Speyside - Hier hatten wir nun endlich mal ziemlich richtig gelegen. Single Cask, die 51,2%, und die Mehrheit ist sich (mich eingeschlossen) einig, dass es sich um den Favoriten des Abends handelt. Naja, mein Tipp "Edradour" war natürlich falsch, aber wenn man auf eine bestimmte Destillerie setzt, dann ist das ja auch wie beim Roulette ein "alles auf die Null" - hinterher ist der Einsatz meistens weg. Sehr interessant an diesem Whisky finde ich übrigens das Finish in Octave-Fässern. Laut Whisky Science sind das fast (außer Firkin und Bloodtub) die kleinsten Fässer, die in der Whiskyherstellung verwendet werden. Gerade mal 46 Liter passen in so ein Fass. Selbst für 88 Flaschen braucht man also mindestens zwei Stück davon.
Am Ende des Tages ...
Mein Fazit ist eindeutig: Nach dem (Blind) Tasting ist vor dem (Blind) Tasting. Der Abend hat riesig Spaß gemacht, und gelernt habe ich dabei auch wieder eine Menge. Das vielleicht wichtigste an den ganzen falschen Tipps, die man sich "leistet", ist vielleicht, dass die eigene Perspektive ("Ich verstehe was von Whisky") einen kleinen Dämpfer bekommt und wieder gerade gerückt wird. Bei Michaels nächste Blind Tasting (18.11.2916, wer jetzt Interesse bekommen hat: es sind noch Plätze frei - Stand 26.06.2016) können wir zwar leider nicht dabei sein, aber mein nächstes Blind Tasting wird trotzdem kommen. Ganz sicher.
Sonntag Vormittag in Glasgow. Frühstück ist erledigt. Meine Frau sitzt im Bus nach Edinburgh, um von dort aus wieder nach Hause zu fliegen. Ich bin wieder auf dem Weg ins Hotel, weil ich noch Zeit habe. Das Wetter ist so gut wie in den letzten Tagen, also entschließe ich mich, schon auszuchecken und die Zeit bis zur Abfahrt meines Busses lieber in der Sonne als im Hotelzimmer zu verbringen. Ich hätte natürlich wissen sollen, dass der Wettergott meinen Gedanken zuhört und den nächsten Schauer pünktlich zu meinem Erscheinen auf der Straße nach Glasgow schickt ...
Sechs Stunden später waren Regen und Busfahrt Geschichte, und wir gingen am West Loch Pier in Tarbert an Bord der Flying Dutchman, die für die nächsten Tage unser Zuhause sein sollte. Das Schiff kannte ich ja schon aus dem vergangenen Jahr, auch die Kabine war die gleiche, und einige der anderen Gäste waren ebenfalls "Wiederholungstäter". Am nächsten Morgen ging es in aller Frühe los: Überfahrt nach Islay. Der Versuch, ohne Motorkraft zu segeln, schlug mangels Wind fehl. Trotzdem waren wir recht früh im Zielhafen Port Ellen und konnten noch einen Fußmarsch zu Laphroaig und Lagavulin unternehmen. Bei Lagavulin gab es entgegen anderslautender Gerüchte noch reichlich Flaschen der Festivalabfüllung, und bei Laphroaig konnten wir die Festivalkäufe schon vor dem Open Day erledigen, was uns für den nächsten Tag einiges Anstehen und ein paar Kilo im Tagesrucksack ersparte. Sehr schönes Detail am Rande: auf der Dose meiner Cairdeas-(zu deutsch "Freundschaft")-Flasche habe ich die Unterschriften aller Mitreisenden und der Crew gesammelt. Die Idee ist allerdings zugegebenermaßen nicht auf meinem Mist gewachsen: diese Ehre gebührt "The Famous Klouse".
Laphroaig
Am nächsten Tag dann der erste Höhepunkt: Laphroaig Day. Traumhaftes Wetter, klasse Whiskies (besonders der 10 yrs CS Batch 008), interessante Tastings (vor allem das "Side-by-Side", bei dem es drei Cairdeas-Abfüllungen und die jeweils dazu passenden "Vorbewohner" im Fass gab), leckere Burger und eine absolut entspannte Atmosphäre, mit der ich nach den Berichten von Gedränge in Lagavulin und Bruichladdich nicht wirklich gerechnet hatte. Zum Abschluss des Tages machte ich noch einen Ausflug "ins Feld", identifizierte meinen Plot und steckte mein Fähnchen. Im dritten Anlauf habe ich das also auch endlich erledigt.
Bowmore
Nach den Fußmärschen der letzten Tage hatte wir für Mittwoch Taxis gebucht, die uns nach Bowmore fuhren. Der dortige Open Day war für mich die Enttäuschung der Woche. Dass ich mit den Whiskies noch nie wirklich warm geworden bin, musste ja erstmal nichts heißen. Man fährt ja auch in eine Destillerie, um Neues kennenzulernen. Und das war auch soweit OK. Den aktuellen Devil's Cask konnte ich erstmals probieren, und die alten Duty Free Abfüllungen, die es im Tasting gab, kannte ich vorher auch noch nicht. Aber obwohl ich ohne Vorurteile an die Drams herangegangen war (an den Devil's Cask sogar mit Vorfreude), blieb alles beim Alten: Bowmore ist nichts für mich.
Auch der eigentliche Tag war gemischt: schönes Wetter mit ein paar windigen Minuten, gelassene Stimmung, offene Türen in allen Bereichen der Destillerie. Aber trotzdem wirkte die ganze Organisation ein bischen zu geschäftsmäßig und lieblos. Ich will niemandem unrecht tun, aber mein Tag war das nicht.
Ardbeg
Am Abend hatten wir dann noch eine Abendführung bei Ardbeg, nur für unsere Gruppe. Also fuhren wir mit Bus und Taxi zurück zum Schiff und - nach einer kleinen Pause mit einem erfrischenden Bier aus der Bordbar - wiederum mit Taxis zu Ardbeg. Dort kamen wir noch bei schönstem Sonnenschein und tiefblauem Himmel an. Ich nutzte die Gelegenheit zu ein paar Fotos unten am Pier, hielt ein Schwätzchen mit Mickey Heads (seines Zeichens Distillery Manager), der gerade seinen Hund ausführte und kehrte gerade rechtzeitig zum großen Zentralplatz zurück, als Jackie Thompson (Head of Visitors Centre and Cafe) ein Tablett mit ca. 30 Drams brachte und uns um noch etwas Geduld bat. Na, mit einem Ardbeg im Glas wartet es sich doch ganz gelassen ...
Dann ging es los, und wie erwartet, war die Tour ein Höhepunkt der Reise. Und dabei rede ich gar nicht mal von den Drams, die es im Laufe der Reise durch die Destillerie gab: zwei Einzelfassproben aus 1973 und 1974, den (neuen) Kildalton, Galileo und natürlich den aktuellen Dark Cove. Das eigentliche Erlebnis ist die Führung selbst. Ich versuche erst gar nicht, dieses Gewitter von Erklärungen, Informationen und gestenreichen Beschribungen zu beschreiben - das muss man selbst erlebt haben. Schon an der Malzmühle habe ich von anderen aus der Gruppe gehört: "Also ich weiß jetzt schon, dass das die beste Destillerieführung ist, die ich jemals mitgemacht habe!"
Nachdem alle ihre abschließenden Käufe (Whisky und Souvenirs) getätigt hatten, ging es mit dem Taxi zurück nach Port Ellen, wo Jan (unser Schiffskoch) schon mit einem späten Abendessen auf uns wartete. Danach widmeten wir uns - wie fast jeden Abend - der gut bestückten Bordbar. Andere zog es (wie übrigens an anderen Tagen auch) zum nur wenige Schritte entfernten Islay Hotel, das in seiner Bar nicht nur hervorragende Biere und etliche Whiskies, sondern auch Livemusik zu bieten hatte.
Kilchoman
Auch am Donnerstag wartete ein reiches Programm auf uns. Zunächst ging es mit Taxis ans andere Ende der Insel, zu Islays Farm-Destillerie Kilchoman. Erst seit gut 10 Jahren aktiv, hat man sich hier schon einen exzellenten Ruf erarbeitet. Zuallererst natürlich für die hervorragenden Whiskies, aber auch für die familiäre Atmosphäre, die vollständige Produktion vom Gersteanbau (gehört zur Destillerie, seit vor ein paar Monaten die Rockside Farm übernommen wurde) bis zu Flaschenabfüllung und Versand. Und - zum Kilchoman Day - für die exzellenten selbstgemachten (was auch sonst) Burger.
Wir hatten die Masterclass gebucht. Moderiert von Anthony Wills, dem Gründer der Destillerie gab es im Malting Floor sechs hervorragende Fassproben. Anthony ist - zu Recht - stolz auf das, was er und sein Team aufgebaut haben, das merkt man ihm an und gönnt es ihm. Ein besonderer Moment war der Augenblick des Gedenkens an John MacLellan, dem Distillery Manager, der im Frühjahr an einer schweren Krankheit gestorben war.
Nach der Masterclass blieb noch genug Zeit für einen Burger, ein paar Minuten Livemusik von Reely Jiggered und den einen oder anderen Dram. Michael kaufte noch eine zweite Flasche der Festivalabfüllung, die dann an Bord in den Ausschank kam. Danach warteten auch schon wieder die Taxis auf uns.
Bruichladdich
Wir hatten noch einen zweiten Termin an diesem Donnerstag. In der nur wenige Meilen zurück an Loch Indaal gelegenen Destillerie Bruichladdich hatten wir ein Warehousetasting gebucht. Wir trafen uns im Shop mit anderen Mitgliedern der Gruppe, die von anderen Touren dazukamen sowie einigen, die mit der Flying Dutchman von Port Ellen auf dem Seeweg nach Bruichladdich gekommen waren.
Das Tasting fand, wie der Name schon sagt, im Warehouse statt, inmitten von Fässern voller Kostbarkeiten. Drei davon wurden für uns geöffnet, je ein Bruichladdich, Port Charlotte und Octomore. Interessantestes Detail: Tasting Guide Fraser führte uns vor, wie sich ein nicht kühlgefilterter Whisky mit Wasser unterlegen lässt. Vorsichtig von der Seite dazugegeben, legt sich das Wasser unter den Whisky, man sieht eine deutliche Phasentrennung.
Nach dem Tasting ging es zurück in den Shop. Hier entschied ich mich gegen die aktuelle Festivalabfüllung und kaufte mir stattdessen den ganz neuen CC01 (7 yrs Cognac Cask), der exklusiv im Travel Retail verkauft wird. Anschließend ging es zum Pier, wo uns Skipperin Anneke mit dem Dingi (Motorschlauchboot, hab ich auch erst lernen müssen) abholte und zum Schiff brachte. Hier fanden wir bereits Gäste und Freunde vor, die uns für den Abend besuchten. Natürlich gab es Mitbringsel und Gastgeschenke, jeweils in flüssiger Form, und es wurde viel geklönt, gelacht und - natürlich - gefachsimpelt. Außerdem wurde die Bordbar um weitere Bestandteile erleichtert. Nachdem die Gäste wieder ausgeschifft waren, verschwanden auch die Passagiere einer nach dem anderen in ihren Kojen, um die erste Nacht der Reise "vor Anker" zu verbringen. Und auch, wenn ich von anderen gehört habe, dass die Ankerkette laut gequietscht hätte: ich habe gut geschlafen.
Bunnahabhain
Der Freitag begann mit einer ungeplanten Wartezeit. Der Mensch ist ein Gewohnheitstier, und auch Taxifahrer sind Menschen. Einer unserer Fahrer war nach Port Ellen gefahren, wo er uns in den Tagen zuvor auch abgeholt hatte. Auf diese Weise war der letzte Teil der Gruppe etwas später dran als beabsichtigt, schaffte es aber dennoch rechtzeitig zum ersten Tasting bei Bunnahabhain. Wir hatten und im neuesten Warehouse der Destillerie zusammengefunden, und Dr. Kirstie MacCallum, Master Blenderin bei Burn Stewart Destillers erzählte uns bei einem Begrüßungsdram (der Uhrzeit nach könnte ihn man auch Frühstücksdram nennen) allerlei über die Dinge, die nach der Destillation mit Whisky geschehen. Und nach einem Ausflug in das benachbarte Warehouse No.9 durften wir dann in wechselnder Besetzung die drei bereitgestellten Fässer "anzapfen" - verkosten durften dann natürlich alle.
Im Gegensatz zu den anderen Tastings habe ich bei Bunnahabhain keine Samples abgefüllt, sondern lieber den ganzen Drams genossen (gut, dass wir mit dem Taxi unterwegs waren!), deshalb habe ich hier zumindest mal notiert, welche Whiskies es so gab. Zu weiteren Tastings der Woche werde ich die Samples nochmal separat probieren und dann ein paar ausführlichere Notizen hier zur Verfügung stellen. Tasting Notes gibt es zu diesen hier dann nicht. Nur soviel: hervorragend ware nsie alle! Und ich habe mich als Kauf für den PX-Finish (Cask No.5) entschieden. Das war mein Favorit des Tages.
Kirstie hatte folgende Whiskies für uns:
Cask No.5, 13 yrs, 2 yrs PX Finish, 52,3%
Cask No.5614, 14 yrs, Red Wine Cask (Bordeaux, wenn ich mich richtig erinnere), 58,0%
Cask No.3657, 8 yrs, Moine, 2nd fill Sherry, 60,2%
Moine, Marsala Finish, 56,6%
(Der letzte war schon vorher abgefüllt gewesen, und auf dem Etikett stand keine Fassnummer o.ä., nur die obigen Angaben und ein "No.1".)
Interessante Tastings neigen dazu, länger als geplant zu dauern, und so mussten wir uns sputen, damit wir zum nächsten Tasting pünktlich waren. "Long John", der Warehouse Man von Bunnahabhain, erwartete uns im Hof und führte uns ins Warehouse No.9, in dem wir zuvor schon gewesen waren. Diesmal jedoch war der Besuch etwas ausführlicher. Kreuz und quer durch die Etagen und Fassreihen ging es, und an jeder zweiten Ecke war ein Fass zur Öffnung vorbereitet. Jeder durfte die Aromen, die dem Fass entströmten, direkt am Spuntloch genießen. Wie wir so vor den Fässern knieten, das hatte schon etwas von Anbetung ...
Auch hier gab es zum Schluss noch ein paar Whiskies zu probieren, und natürlich gibt es vom Warehouse Man auch Fassproben:
Nach einer Pause (Mittagessen, Shop, Pier, in der Sonne liegen!) ging es dann noch zur letzten Veranstaltung des Tages, bei der George (ein "40+ years Distilery Veteran") und Scott (Bunnahabhain Whisky Ambassador) sich (und uns) unterhielten, sich die Stichworte für Anekdoten zuwarfen und uns dazu durch vier Drams führten:
Bunnahabhain 12 yrs
Bunnahabhain Ceòbanach
Bunnahabhain 7 yrs Red Wine Cask
Bunnahabhain 8 yrs Moine, Oloroso Cask
Um ehrlich zu sein: das war das schwächste Tasting des Tages. Dabei kann man den beiden Moderatoren eigentlich keinen Vorwurf machen, die Stories waren ganz nett und die Atmosphäre angenehm entspannt. Das Problem war, dass wir alle Whskies schon kannten. Die beiden Standards sowieso, und die beiden Single Casks hatten wir am Morgen ja auch schon genossen. (OK, bei dem Moine hatten wir die Fässer No.3657 und No.3652, da wäre es schon denkbar, dass wir beim Dram Talk noch ein drittes Schwesterfass hatten, aber selbst wenn das der Fall gewesen wäre, glaube ich nicht, dass die Unterschiede bemerkbar gewesen wären - schon gar nicht, wenn ein paar Stunden zwischen den Tastings lagen.)
Ein bemerkenswertes Detail habe ich an diesem Tag gelernt. Kirstie erzählte aus der Praxis eines Blenders, und außer dass sie bei ganz besonderen Fässern schon mal berufliches Testen und puren Genuss ("I'd like another drop of this one") miteinander vermengt, ist mir im Gedächtnis geblieben, dass zur Verkostung der Whisky - neben der Probe in Fassstärke, die darf nicht fehlen - auf 22,5% (!) herunterverdünnt wird, weil man bei dieser Stärke die Aromen am deutlichsten wahrnimmt.
Ardbeg
Der Freitag war dann der Abreisetag. Es ging zurück nach Tarbert. Allerdings hatten wir vorher noch einen letzen Programmpunkt: Ardbeg Day. Wir wären gerne von Port Ellen nach Ardbeg gesegelt, beschränkten uns mangels Wind aber wieder einmal auf tuckern. Aus der spektakulären Ankunft unter vollen Segeln wäre aber ohnehin nichts geworden, weil wir schon vor dem Beginn des offiziellen Veranstaltungstages ankamen und mehr oder weniger unbemerkt durch den Hintereingang (naja, Pier) das Destilleriegelände betraten. Nachdem wir ein paar Fotos vom noch noch fast leeren Gelände gemacht hatten, entdeckten wir auch die Eingangsschlange, wo es die Tickets für Drams und Räucherfisch gab und von der aus man sich nahtlos in eine weitere Schlange für die Sondertastings stellen konnte.
Die Eintrittsschlange habe ich natürlich brav durchlaufen (ging schnell), aber auf Tastingtickets habe ich verzichtet. Einige Tastings wären erst um 14:00 gewesen, und da mussten wir schon wieder weg, weil wir ja noch die Überfahrt vor uns hatten. Hätte ich gewusst, dass sich sowieso eine fröhliche (inoffizielle) Tauschbörse entwickeln würde und ich ein 14:00-Tasting problemlos gegen ein früheres hätte tauschen können, dann hätte ich wohl ... ach was, hab ich halt nicht, und ich hatte trotzdem viel Spaß! Ohne Zeitdruck ("Mein Tasting fängt in 10 Minuten an.") schlendert es sich nämlich viel gemütlicher über den Platz, plaudert es sich viel entspannter mit Freunden und Bekannten (alten und neuen!) und stöbert es sich viel genussvoller (und teurer ...) im Shop. Free Drams gab es ohnehin reichlich (der Dark Cove wurde permanent ausgeschenkt, man musste sich schon bemühen, wenn man den jungen Damen im Schmugglerlook entgehen wollte, die mit Drams in Plastikbechern oder Großflaschen das Gelände bearbeiteten), und an der Bar konnte man sich auch besondere Abfüllungen zu echt fairen Preisen kaufen. Ich entdeckte hier eine Committee Version des Corryvreckan (schon die Standardversion ist mein Lieblings-Ardbeg), der als Flasche leider außerhalb meines Budget liegt (wenn überhaupt noch verfügbar), als Einzeldram aber die Entdeckung des Tages war.
Der ganze Ardbeg Day stand diesmal unter dem Motto Schmuggler, und diese Motto war mit viel Liebe und Aufwand umgesetzt. Jeder Stand war entsprechend dekoriert, und das gesamte Personal trat in phantasievollen Kostümen auf, bis hin zum Distillery Manager mit schwarzem Mantel, hohem Hut und langem (Plüsch-)bart. Von allen Open Days der Woche hat mir Ardbeg klar am besten gefallen. Und das will angesichts der schönen Tage in Laphroaig, Kilchoman und Bunnahabhain wirklich etwas heißen!
Die letzte Nacht an Bord
Nach dem Aufbruch von Ardbeg ging es mit der Flying Dutchman zurück nach Tarbert. Wind? Segeln? Wieder mal Fehlanzeige. Stattdessen bereitete Michael eine Flaschenpost vor. Ein netter Text, eine Visitenkarte von Taste-ination und alle Unterschriften der Gruppe, alles verpackt in die Kilchoman-Flasche vom Festival und unter großem Hallo den Fluten übergeben. Mal schauen, ob da irgendwann mal eine Antwort kommt.
In Tarbert landeten wir wieder an demselben Pier, an dem wir aufgebrochen waren, nachdem die Besatzung des Fischkutter, der dort festgemacht hatte, davon überzeugt war, dass nur an genau diesem Liegeplatz genug Tiefgang für die Flying Dutchman war. Im wunderschön gedämpften Abendlicht gab es ein letztes Abendessen (oder sollte ich sagen "Captain's Dinner") von Jan, die Bordbar wurde final "aufgeräumt" und die Taschen und Koffer wurden auf den Aufbruch am nächsten Morgen gepackt, bevor alle zum letzten Mal für diese Reise in ihre Kojen kletterten.
Am nächsten Morgen gab es ein letztes Frühstück und die (für die Rückreise deutlich schwereren) Koffer wurden mit vereinten Kräften auf den Pier gewuchtet. Dann kam (halbwegs pünktlich ... schottisch eben) der gecharterte Bus und fuhr uns an unsere Zielorte für die Rückreise. Manche blieben noch eine Nacht in Glasgow, andere flogen direkt zurück. Michael und ich gehörten zu einer Gruppe, die noch eine Nacht in Edinburgh blieben, einschließlich indischer Tapas, einem Abschiedsdram und vor allem einer langen und ausgiebigen Dusche im Hotel. Naja, verschiedene Souvenirkäufe und eine Koffer-Umpack-Session gab es auch noch, bevor wir dann am nächsten Tag heimflogen - völlig ohne Glas- und Whiskybruch.
So, diesmal ist der Artikel wirklich lang geworden. Dabei gäbe es immer noch so viel zu erzählen. Aber manches behalte ich auch gerne für mich und meine eigenen Erinnerungen zurück. Was aber bei Gelegenheit noch kommt, sind Artikel über die Whiskies dieser Woche, die ich als Samples mitgebracht habe. Die stellen sich aber erstmal hinten an die Schlange der zwischenzeitlich angefallenen, noch ungeschriebenen Artikel an.
Die besten Geschichten fangen ja bekanntlich mit dem Wort "eigentlich" an. Also los ...
Eigentlich hatten die Aussichten, dieses Jahr nach Schottland zu kommen, ziemlich mau ausgesehen. Zum einen waren wir gerade letztes Jahr zweimal dort gewesen, und zum anderen hatte meine Frau gleich zwei Kolleginnen versprochen, Ende Mai keinen Urlaub zu nehmen - da standen Hochzeiten und Flitterwochen an. Nun liegt aber das Feis Ile, das Whiskyfestival aus Islay, immer Ende Mai, und natürlich veranstaltete Taste-ination seine Segelreise nach Islay zum Festival. Keine Chance auf eine Reise also? Doch ...
Meine Frau hatte zähneknirschend zugestimmt, dass ich diesmal alleine mitfahren durfte, aber ein Wochenende vorab in Glasgow oder Edinburgh (Starttermin der Reise war ein Sonntag, das hätte sich also angeboten) wollte sie mir nicht zugestehen. Aus verständlichem Grund, hatte sie doch genau an dem fraglichen Samstag Geburtstag. Die Lösung? Früher hätte man das wohl "salomonisch" genannt, heute sagt man dazu eher "win-win": wir verbrachten das (etwas verlängerte) Wochenende gemeinsam in Glasgow und feierten ihren Geburtstag dort, bevor sie zurückflog und ich mich auf den Weg zur Küste machte.
Den ersten Abend in Glasgow wollten wir dann - in Anbetracht des Programms der nächsten Tage - bewusst nicht mit Whisky verbringen (was auch beinahe geklappt hätte). Wir hatten auf dem Fußweg zum Hotel eine Gin-Bar gesehen, und auch wenn Gin nicht in allen Fällen an mich geht (zum Beispiel in Verbindung mit Tonic Water), schauten wir uns die mal näher an. Eine gute Entscheidung. Das Ambiente erinnerte mich an spanische Architektur. Hohe Gewölbe und alles mit Schmuckfliesen bedeckt. Dazu gab es ganz nette Livemusik und eben Gin. Ich hatte in der imposanten Bar eine Flasche mit (für Gin) ziemlich intensiv farbigen Inhalt entdeckt, offensichtlich ein Gin mit einem Fassfinish. Eine Nachfrage ergab, dass es sich um einen Firkin Gin handelte, der in einem Whiskyfass (The Balvenie, 21 yrs) gelagert worden war. Da war er doch wieder, der Whisky, denn natürlich konnte ich daran nicht vorbei. Die Kombination der Geschmacksnoten aus Gin und Whisky ergab einen sehr eleganten Drink. Leider hat man kaum eine Chance, davon mal eine Flasche zu bekommen, denn die knapp 100 Flaschen, die pro Batch (ich hatte Batch 02) produziert werden, sind wohl sehr schnell vergriffen. (Das Gin71 ist übrigens auch zum Frühstück sehr schön, wie wir zwei Tage später ausprobiert haben - allerdings ohne Gin.)
Glengoyne
Für den Freitag hatte ich das Geburtstagsgeschenk für meine Frau gebucht: die Master Class in Glengoyne. Glengoyne ist von Glasgow aus mit dem Linienbus (Linie B10 ab Buchanan Street Station) in etwa einer Stunde zu erreichen. Die Haltestelle ist genau an der Einfahrt zur Destillerie, und die Busfahrer kennen das schon: ich brauchte gar nicht zu sagen, wohin wir wollten, das sah man uns schon an:
"To Glengoyne?"
"Yes. Does it show?"
" It's written in big letters on your forehead."
In der Destillerie angekommen, wurden wir vom Team im Visitors Center begrüßt, und unser Guide, Arthur MacFarlane, führte uns (es gab keine weiteren Teilnehmer) in ein benachbartes Gebäude, wo wir zuerst mal einen Welcome Dram (ein Glengoyne 12 yrs) in gemütlicher Wohnzimmeratmosphäre bekamen. In den folgenden sechs(!) Stunden lernten wir die Destillerie, ihre Whiskies und ihre Philosophie sehr gut kennen.
Zum Auftakt gab es einen Nosingtest, wie ihn (in deutlich erweiterter Form) Whisky Blender im Rahmen ihrer Ausbildung durchlaufen. Wir bekamen 20 Geruchsproben und sollten notieren, was wir erkannt hatten. Anschließend wurde aufgelöst und Punkte verteilt. Ich konnte froh sein, irgendwo im oberen Mittelfeld der Ergebnisse zu landen. Meine Frau schlug mich natürlich um Längen.
Es folgten eine Tour durch die Destillerie einschließlich eines Ausflugs ins Warehouse (das nicht nur auf der anderen Straßenseite liegt, sondern damit auch in den Lowlands, während die Destillerie selbst in den Highlands liegt), viele Informationen über den Destillationsvorgang, die man sonst nicht zu hören bekommt (zum Beispiel über die Auswirkungen der Still Form und des Kupfers auf das Destillat), Geruchsproben von New Make aus den verschiedenen Phasen eines Destillationslaufes (das fertige Gemisch aus dem Destillattank duften wir auch probieren - zum Vergleich gab es übrigens einen New Make aus Invergordon, Single Grain, extrem hochprozentig!), Informationen über das Holzmanagement (insbesondere über die Küfereien in Nordspanien und die Sherry-Bodegas in Jerez, mit denen Glengoyne kooperiert), ein Sherrytasting (Fino, Manzanilla, Amontillado, Oloroso, Pedro Ximinez), diverse Drams (Single Cask 10 und 15 yrs, Tea Pot Dram), Mittagessen und - stilecht - Tea, bevor der Tag dann seinem Höhepunkt zustrebte: wir konnten aus fünf unterschiedlichen Fassproben unseren jeweils eigenen Whisky blenden, den wir dann, schön beschriftet und verpackt, mitnehmen durften. Die Beschreibung der Fassproben, unsere Planungsnotizen und natürlich die Zusammensetzung des letztendlichen Whisky fanden ihren vorgesehenen Platz in der Flaschenschachtel, und diese 200ml gehören zum besondersten und persönlichsten, was man sich an Whisky vorstellen kann.
Alles in allem war das eine unglaubliche Tour, und was in diesem kurzen Abriss nicht erwähnt wurde, aber definitiv nicht fehlen darf, ist die Erwähnung der schier unerschöpflichen Freundlichkeit und Gastfreundschaft aller Menschen dort in der Destillerie, vom Vorabanruf, ob es bei dem Termin bleibt und ob wir noch Hilfe bei der Anreise brauchen, über den Shop (der letzte Ansteck-Pin war gerade weg, also bekam ich das Exemplar von der Jacke der Kassiererin - geschenkt!) bis zur Abreise mit dem Bus ("Ich nehme denselben Bus, bleibt einfach hier bei mir stehen, dann könnt Ihr ihn nicht verpassen") - das hatte eine Qualität, wie weit über einen normalen Destilleriebesuch hinaus ging!
Auchentoshan
Am Abend war Michael von Taste-ination zu uns gestoßen, der als Veranstalter ja auch mit zu "seinem" Schiff musste, und so konnten wir den Geburtstag meiner Frau am nächsten Tag gemeinsam verbringen. Ein Taxi brachte uns zu nächsten Destillerie nach Auchentoshan, noch ein bischen näher am Zentrum von Glasgow als Glengoyne. Da wir hier nichts vorab gebucht hatten, gab es leider keine größere Tour, aber eine Standardtour startete bald, und der schlossen wir uns an. Und auch wenn es "nur" Standard war, war die Tour doch recht gefällig. Außer im Warehouse (hier wurde wie üblich auf die "hochexplosive Alkoholluft" verwiesen) durften wir überall fotografieren. Nun ja, zu Fotos im Warehouse sollte ich später doch noch kommen, und natürlich ist es dabei nicht explodiert ...
Nach dem Tourabschluss in der sehr schön gemachten Bar der Destillerie wollten wir nämlich noch die aktuelle "handfilled" Ausgabe mitnehmen. Dazu nahm uns der Guide mit zum Fass, das in einem eigenen Raum im Warehouse steht. Un da ich dort natürlich meine Frau dabei fotografieren durfte, wie sie ihren Handfilled an ihrem Geburtstag abfüllt, fielen dabei auch ein paar Schnappschüsse ins Hauptwarehouse ab.
Geburtstagsfeier
Nach einer gemütlichen Busfahrt zurück ins Stadtzentrum trennten wir uns dann vorerst von Michael. Jeder hatte Zeit und Bedarf an eigenen Aktivitäten (Shopping, Tea, bummeln) und ein bisschen "Füße hochlegen" im Hotelzimmer. Genau dort trafen wir uns später wieder, denn bevor wir uns ins abendliche Getümmel stürzen wollten, hatte Michael noch einen besonderen Dram als Geburtstagsgeschenk mitgebracht, nämlich einen 30 jahre alten Ardbeg aus dem Geburtsjahrgang meiner Frau. Nachdem wir dieses Sample (und noch zwei weitere, schließlich wollten Michael und ich ja auch nicht auf dem Trockenen sitzen) mit großem Genuss und der angebrachten Bewunderung verkostet hatten, ging es los. Zum Abendessen hatten wir einen Tisch im Viva Brazil reserviert, einem Rodizio-Lokal mit brasilianischem Spießgrill. Und im Gegensatz zu vielen Whiskybars hat uns dieses Lokal unsere Grenzen aufgezeigt. Wir haben es nicht geschafft, alle 15 unterschiedlichen Spieße zu probieren!
Anschließend ging es dann (schön langsam nach dem reichhaltigen Essen) zum Pot Still, der besten Whisky Bar in Glasgow. Klein, meistens brechend voll, urgemütlich (wenn man einen Platz findet) und mit etwa 600 offenen Flaschen ein sehr großes Angebot. Wenn nicht zu viel los ist, dann sind die Jungs (und Mädels!) hinter dem Tresen auch sehr hilfsbereit und kompetent, was die Auswahl des Whiskies angeht. Man sagt, in welche Richtung man denkt und bekommt Vorschläge. An diesem Abend hatten wir uns aber die Liste geben lassen, und wie der Teufel es wollte, standen alle Flaschen "hinten, ganz oben" im Regal und mussten erst aufwändig gesucht werden. Der Erfolg war ... nun ja, durchwachsen. Immerhin hatten wir gesprächige und amüsante Tischnachbarn, die zwar keine Ahnung von Whisky hatten, aber dennoch viel darüber zu erzählen hatten und uns am Ende noch eine Runde Highland Park spendierten.
Der Rest des Wochenendes ist schnell erzählt: letzte Übernachtung, meine Frau fuhr mit dem Bus nach Edinburgh zum Flughafen (und brachte alle Whiskykäufe des Wochenendes heil nach Hause), Michael und ich setzten uns in den Bus zur Westküste nach Tarbert ... und schon sind wir im nächsten Artikel, den ich demnächst hier veröffentlichen werde.