Tasting: Laphroaig (malt’n’taste)

Malt'n'Taste gab sich mal wieder die Ehre. Diesmal stellte Michael uns mit Laphroaig eine einzelne Destillerie vor. Nicht dass die Whiskies aus der südlichsten der Islay-Brennereien den Teilnehmern (größtenteils Stammgäste, aber auch einige Neulinge) unbekannt gewesen wären, aber Michael wäre nicht Michael, wenn er sich nicht einige Überraschungen ausgedacht hätte.
Die erste Überraschung war schon an der Tastingunterlage abzulesen, die auf jedem Platz lag: die zehnjährige Standardabfüllung sollte das Tasting beschließen. Sehr ungewöhnlich, hebt sich doch jeder Veranstalter gerne eine Besonderheit für den Schluss auf. Dass der Abschlusswhisky dennoch goldrichtig platziert war, zeigte sich dann, als er an der Reihe war. Der intensive Rauch, für den Islay gerade durch seine Standardwhiskies bekannt ist, hätte alle nachfolgenden Whiskies erschlagen.
Stattdessen ging es mit einer (für Laphroaig) seltenen Jahreszahl los:
- 16 yrs Travel Retail, 43% - Dieser Whisky wird eigentlich für den Travel Retail Bereich (also die Duty Free Shops an Flughäfen) vermarktet, aber heutzutage bekommt man diese Whiskies in der Regel auch im gut sortierten Handel. Die Farbe (M7, Safran) ist hier nicht ganz natürlich, für Zielgruppen jenseits der absoluten Experten hilft man - wie auch hier - gerne mal mit Zuckerkulör nach. In der Nase ist der 16-jährige vergleichsweise weich, obwohl keinesfalls rauchfrei, außerdem Holz, Medizin, Zitrusfrüchte und brauner Zucker. Auch im Mund ist er recht mild, aber er prickelt ganz leicht auf der Zunge. Die Holznoten sind wieder da, aber aus den Zitrusfrüchten sind jetzt weiche und süße Aprikosen geworden. Das Finish ist eher kurz und hat ein wenig von kaltem Rauch. Interessant: nachdem alles weg ist, kommt nochmal ein Schub Torf.
Vor dem nächsten Whisky gab es dann (als Zwischengang?) eine weitere Überraschung. Michael hatte John Campbell, den Distillery Manager von Laphroaig, angeschrieben und von ihm ein Video mit ein paar persönlichen Worten an die Teilnehmer bekommen. Natürlich wünschte uns John auch viel Spaß und Genuss beim Tasting. Thanks a lot, John, we absolutely enjoyed the tasting!
- Weiter ging es mit dem Triple Wood, 48% ohne Altersangabe, der in drei unterschiedlichen Fasstypen (Bourbon, Sherry, Quarter Cask) gelagert wurde. Die Sherryfässer dürften für die Farbe (M8, Kupfer) verantwortlich sein, und auch die kleinen Quarter Casks haben vermutlich einiges zum Charakter des Whiskys beigetragen. In der Nase ist er eigentlich recht weich, aber eine kleine Schärfespitze kommt gelegentlich durch. Ansonsten herrschen Noten von Sherry und Tabak vor, und auch die Bourbonfässer haben etwas Holz hinterlassen. Im Geschmack streiten sich dann süße Sherrynoten und scharfe Rauchnoten um die Vorherrschaft, ergänzt von einem kleinen Einschlag Säure. Das Finish ist mittellang und rauchig.
An dieser Stelle hatte Michael eine weitere Überraschung eingebaut. Wer seine Tastings kennt, der erinnert sich vielleicht an das eine oder andere darunter, bei dem es zu jedem Whisky passend eine Praline gab. Diese Pralinen wurden von der Besitzerin der Chocolaterie Das Bernsteinzimmer kreiert, und Solvejg hatte passend zum nächsten Whiky eine Schokolade gezaubert:
Eine Schweizer Schokolade mit 70% Kakao-Gehalt. Aber eine spezielle, die nach alter, spanischer Rezeptur hergestellt ist und deswegen noch den Crunch von den Zuckerkristallen hat.
In der Schokolade steckt eine Prise schwarzer Pfeffer, frisch geröstetes Roggen-Sauerteig-Brot und lang gekochte Fudge-Stücke, die durch das lange Kochen eine festere Konsistenz bekommen haben. Diese werden erst im Mund wieder weich und geben ihre Aromen erst ganz zum Schluss preis.
Der Fudge: Ein Laphroaig-Whisky-Fudge mit über Zigarren geräuchertem Chili, über Buchenholz geräuchertem Salz, dark Muscovado-Zucker, Zucker-Rübensirup und Bourbon-Vanille.
Was sich in der Beschreibung schon andeutet, entwickelte sich im Mund zu einer Geschmackskaskade, die man erlebt haben muss (was leider nicht geht, weil die Schokolade eine einmalige Kreation war und nicht mehr erhältlich ist). Wenn man ihr Zeit gibt, entfaltet sie ihre Geschmacksnuancen tatsächlich eine nach der anderen, manchmal wie umgeschaltet. Der Whisky beschleunigt die Geschmackskaskade, so dass die einzelnen Noten sich mehr miteinander vermischen. Und ganz zum Schluss löst er sehr intensiv das Salz aus dem Fudge. Wirklich klasse. Ich verbeuge mich vor der Künstlerin.
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Der zur Schokolade servierte Whisky war der Brodir Travel Retail, Batch 001, 48%. Also wieder einer aus dem Duty Free Shop. Man darf deshalb auch hier der Echtheit der Farbe (M10, Hennarot) skeptisch gegenüberstehen. In der Nase finde ich Holz und Früchte, außerdem Portnoten, die wohl auf die verwendeten Fässer zurückgehen. Auf der Zunge dann herrschen Holz, scharfer Rauch und angenehme Wärme vor, die sich bis ins mittellange Finish zieht. Insgesamt hat der Brodir in meinen Augen eine gewisse Ähnlichkeit zum Ardbeg Corryvrreckan, der aber weniger kostet und (noch) besser schmeckt.
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SMWS 29.121, 20 yrs, 55,1% - Auch das kann man getrost als Überraschung bezeichnen. Die Abfüllungen der Scotch Malt Whisky Society (dafür steht das "SMWS") sind für Außenstehende nicht leicht zu bekommen, und wer eine ergattert hat, wird sie in aller Regel nicht bei einem Tasting an andere Leute verteilen. Wer es, wie Michael, trotzdem tut, der wird belohnt mit der Freude, die es macht, einen guten Whisky zu teilen und gemeinsam zu genießen. Dieser hier (Farbe: M8, Kupfer) entwickelte in der Nase sehr vielfältige Noten. Neben Holz Torf und Rauch sind maritime Noten (Salz und Meer) da, aber auch Süße, frische Zitrusfrüchte und etwas, das an die Lösungsmitteln in Kleber erinnert. Auf der Zunge beißt dieser Whisky, kein Wunder bei 55,1%, und auch der Rauch trägt seinen Teil dazu bei. Die Süße kommt ebenfalls nicht zu kurz, und ganz zum Schluss schlägt noch pfeffrige Schärfe zu. Das Finish ist lang und warm, rauchig und pfeffrig. Ein Genuss!
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25 yrs, 40% - Mit dem 25-jährigen hatten wir dann den Senior des Abends im Glas, der sich farblich ebenfalls im Bereich M8 (Kupfer) bewegte. In der Nase versammeln sich Rauch und Süße, Sherry, Früchte und eingelegte Rosinen zu einem Gesamteindruck, den jemand am Tisch mit "Whiskylimonade" bezeichnete. Das war natürlich nur Spaß, aber der Eindruck ist schon sehr weich und fruchtig. Das setzt sich auch auf der Zunge (weiche Früchte) fort, aber hier schmeckt man auch das Alter und die Balance von 25 Jahren Ruhe und Reife. Das Finish schließlich ist nur kurz aber weich und samtig. Dieser Whisky hat die Zeit, die man ihm gelassen hat, wirklich genutzt.
- Tja, und dann kam der 10 yrs, 40%, den ich zu Beginn schon erwähnt habe. Über den Whisky an sich habe ich an anderer Stelle auf Drambo schon berichtet, deshalb spare ich mir hier die Details. Was aber erwähnenswert ist, ist der Eindruck im Kontext der anderen Whiskies aus derselben Destillerie. Wir waren ja darauf vorbereitet, dass der letzte der rauchigste Whisky sein würde. Aber als wir dann unsere Nase in die Gläser hielten, kam da - nichts. Naja, „nichts“ ist übertrieben, aber der Eindruck war so weich, dass es doch eine Reihe verblüffter Blicke gab. Allerdings gab es dann mit dem ersten Schluck fast erleichtertes Aufatmen: er ist es doch! Kein Zweifel, hier beißt der Rauch, wie man es vom 10-jährigen Laphroaig kennt. Ein Paukenschlag zum Abschluss, erwartet und doch völlig anders.
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