Glenmorangie Quinta Ruban
Wie man an vielen Artikeln hier auf Drambo sehen kann, schlägt mein Herz (oder sollte ich sagen: meine Zunge?) vornehmlich für die rauchigen Whiskies von den Inseln der schottischen Westküste: Islay, Jura, Skye und ganz besonders Mull. Und besonders delikat wird der Rauch dann, wenn der Whisky noch allerlei Geschmacksnoten von Fässern mitbekommen hat, in denen zuvor schon etwas anderes gelegen hat (was in der Regel auch lecker schmeckt), wie Sherry, Rotwein, Weißwein oder auch mal ein Portwein.
Nun kann man nicht jeden Abend immer nur die Lieblingswhiskies trinken, finde ich. Zum einen sind die (jedenfalls bei mir) dann doch recht heftig, was Alkoholgehalt, Torfrauch und Komplexität angeht. Zum anderen stumpft man dann auch ab für die Besonderheit des Tropfens. Und noch einen dritten Grund gibt es: es könnte ja noch andere gute Tropfen zu entdecken geben ...
Einen solchen hatte ich kürzlich im Glas: den Glenmorangie Quinta Ruban, 12 Jahre alt und 46% stark, nicht kühlgefiltert. Die Hauptzeit hat er in Bourbon Casks gelegen, das Finish hat er aber in Ruby Port Fässern bekommen. Das sieht man ihm auch an. Nun ja, vielleicht nicht den Port, aber dass er von einem "dunklen" Fass noch etwas mitgenommen hat, ist auf den ersten Blick klar. Der Whisky ist dunkel mit einem leichten Stich ins Rötliche. Er erinnert mich optisch sehr an Cognac.
Nose: In der Nase ist er aber ein echter Whisky. Frisch und alkoholisch, viel Sherry und Rosinen. Holz und Vanille aus den Bourbonfässern kommen nicht so stark durch, runden das Geruchserlebnis aber ab.
Und natürlich bin ich in die offensichtliche Falle getappt. Mit Sherry hatte der Gute ja nun gerade nichts zu tun, sondern mit Portwein. Aber das ist dann doch etwas seltener, da greift man dann schon mal zum üblicheren Begriff ...
Taste: Der Geschmack ist sehr (sehr) weich, man glaubt kaum, dass man ein alkoholisches Getränk vor sich hat. OK, das gibt sich dann spätestens beim zweiten Schluck, aber die Weichheit des ersten Eindruckes ist schon beeindruckend. Rosinen und Holz sind auch hier zu schmecken, die Noten vom Portwein lassen sich etwas bitten. Später sind sie aber dann deutlich zu schmecken.
Finish: Der Abgang ist mittellang, fast mehr, als ich nach dem weichen Einstieg erwartet hatte. Der Hals bekommt eine sanfte Wärme ab, und was bleibt, ist ein Nachhall von Portwein.
Wertung:
An meine Favoriten kann der Quinta Ruban bei weitem nicht heranreichen. Aber er ist ein sehr runder und in sich stimmiger Whisky, dem man technisch - wenn der Begriff denn passt - überhaupt nichts vorwerfen kann. Ich freue mich, ihn im Regal zu haben, und ich werde ihn sicher nicht nur für weniger torfbesessene Gäste (und meine Frau!) aufheben, sondern ihn bei Gelegenheit durchaus selbst trinken - und genießen.
Zur Destillerie gehts hier: Glenmorangie