Aberlour A'bunadh Batch 52
Aberlour ist für mich ein klassischer Fall von "da bist Du selbst dran Schuld". Hätte ich mal nicht mit dem A'bunadh angefangen. Aber zu einem Whiskyabend hatte ein Freund einen A'bunadh dabei, und natürlich lehnt man eine Kostprobe nicht ab. Jetzt befürchte ich, dass mir die anderen (Standard-)Abfüllungen zu weich, zu kraftlos und zu verdünnt vorkommen werden. Natürlich werde ich das bei Gelegenheit mal testen müssen (man lässt ja keine Chance aus, die eigenen Vorurteile zu überprüfen ...), aber heute ist nochmal der A'bunadh dran. Fassstärke mit 60,5%, ohne Altersangabe, nicht kühlgefiltert. Und auch Batch No. 52, den ich hier hatte, stammt ausschließlich aus Sherrybutts.
Colour: M10 (Hennarot)
Nose: Alkohol, wie kann es anders sein, ist das erste, was in die Nase steigt. Aber nicht hart wie ein Schlag ins Gesicht, sondern weich und warm. Eine angenehme Würzigkeit finde ich, und Bienenwachs. Der Sherry, den ich aufgrund der Farbe und der Fassauswahl erwartet hätte, fällt eher zurückhaltend aus. Sahnig, aber nicht so süß. Ich tippe auf (zumindest überwiegend) Oloroso-Fässer, weil mich die Sherry-Noten an den deutlich herberen Oloroso (im Vergleich zu einem PX) erinnern. Damit meine ich nicht die Whiskys aus solchen Fässern, sondern den Sherry, der dem Fass erst die Geschmacksnoten mitgegeben hat. Wer die Gelegenheit hat, mal hochwertige Sherrys wie die in der Whiskywelt eingesetzten zu probieren, der sollte die Gelegenheit nutzen. Mit etwas Glück findet man sogar Flaschenpaare aus Sherry und Whisky, die in demselben Fass gelegen haben. Tomatin hat solche Sets im Sortiment. Lohnt sich!
Taste: Auf der Zunge beißt der Alkohol dann richtig zu, der erste Schluck (und nicht nur der) schmeckt scharf! Aber das sorgt auch dafür, dass sich der Whisky sofort im ganzen Mund (eben "vollmundig") ausbreitet. Die Sherrynoten sind hier deutlich zu schmecken, dazu ein paar Bitternoten wie Holz und Tannine. Das alles belegt die Zunge. Mit ein paar Tropfen Wasser gehen die Sherrynoten zurück, dafür nimmt die Würzigkeit zu, was mich an den 12-jährigen Bunnahabhain erinnert. Scharf ist er mit Wasser aber immer noch. Und mit mehr Wasser immer noch. Und mit viel mehr Wasser: auch noch. Definitiv ein Kraftprotz, dieser A'bunadh.
Finish: Beim Abgang hält sich der Aberlour eher zurück. Kurz spüre ich ihn in der Kehle, tiefer gar nicht. Aber er hält sich lang im Mund, und weil dort die Geschmacksrezeptoren sind, gefällt mir das durchaus gut.
Wertung:
Vier Sterne! Ich habe gerade nochmal nachgesehen, was das bei mir bedeutet: "Hier fängt es an, interessant zu werden. Dieser Whisky liegt deutlich über dem Durchschnitt, dafür lasse ich so manchen anderen guten Whisky stehen. Faustregel: in diese Kategorie gehören so die oberen 10 bis 15 Prozent der Kandidaten." - Ja, kann man so stehen lassen.
Der Whisky in der Whiskybase: 71928
Zur Destillerie gehts hier: Aberlour