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Edradour 10 yrs

Whisky

Oft definiert die Standardabfüllung einer Destillerie die Basis, auf der dann die gesamte weitere Palette aufbaut. Weitere Abfüllungen werden vor allem älter und weicher, aber der Grundgeschmack bleibt irgendwie immer erhalten. Natürlich gibt es immer mehr Finishes, aber insgesamt bleibt das Repertoire einer Destillerie oft recht schmal - was keine Abwertung sein soll, es ist aller Ehren wert, seinen eigenen Bereich zu finden und in diesem Spitzenwhiskies zu produzieren. Dafür gibt es reichlich Beispiele, die wir alle schon genossen haben.

Es gibt (falsch: ich kenne) zwei Destillerien, die einen anderen Weg gehen, viele verschiedene Abfüllungen produzieren und damit ein sehr breites Spektrum an geschmacklichen Kompositionen abdecken. Neben Bruichladdich mit seinen unterschiedlich getorften Serien und vielfältigen Einzelfassabfüllungen ist hier Edradour zu nennen, um deren Standardabfüllung es hier geht.

Der Edradour 10 yrs als Standardabfüllung legt in diesem Fall eher einen Grundstein, auf dem ein enorm vielfältiges Haus steht, das kaum zwei gleiche Steine aufweist. Der Vergleich zu einem Hundertwasserhaus drängt sich auf.

Colour: Safran, mit öligem Eindruck an der Glaswand.

Nose: Hier rieche ich zuerst mal viel Holz. Nadelholz. Und ein bischen Holzpflegemittel oder Politur. Vielleicht ist das die leicht seifige Note, die typisch für Edradour sein soll. Beim Tasting wurde diese Note auch von anderen Gästen festgestellt - nur eben nicht mir. Es gibt aber eine zweite Gruppe von Aromen, nämlich Süße, Alkohol und viel Frucht, vor allem grüner Apfel (Calvados?) und Pflaumenlikör. Interessant: obwohl an der Reifung bekanntermaßen Sherryfässer beteiligt waren, finden sich im Aroma fast keine Sherrynoten.

Taste: Auch auf der Zunge findet sich Holz, dazu Nüsse und Toffee. Noch ein bischen Salz und ein paar salzige Anklänge, dann ist der sehr weiche Geschmack komplett.

Finish: Das Finish ist kurz und warm, bringt aber keine neuen Geschmacksnoten.

Und nun? Für meinen Geschmack ist der 10-jährige Edradour ein sehr gefälliger Whisky, der auf jedem Regal einen guten Platz finden sollte. Allerdings würde er bei mir für Einsteiger und Gäste übrig bleiben, denen meine "Lieblinge" zu torfig, rauchig oder scharf sind. Er dürfte aber auch als Alltagswhisky taugen, was ich jetzt überhaupt nicht abwertend verstanden wissen möchte. Man hat halt nicht immer Lust (und Zeit!), sich auf einen überragenden Whisky einzulassen und möchte lieber einen Smalltalk mit einem guten Bekannten halten. Dafür dürfte sich der Edradour hervorragend eignen.

Wertung:

Zur Destillerie gehts hier: Edradour

Tasting: Edradour (malt'n'taste)

Whisky

Wieder mal Tastingzeit. malt'n'taste gab sich die Ehre und uns das Vergnügen. Es ging diesmal ausschließlich um Edradour, die kleine, aber ausgesprochen vielseitige Destillerie in den Highlands.

Edradour war lange Zeit dafür bekannt, die kleinste Destillerie in Schottland zu sein. Das ist zwar aufgrund einiger Neugründungen nicht mehr der Fall, aber Branchengrößen wie Glenfiddich produzieren in einer Woche (oder an einem Tag - je nachdem, wen man fragt) soviel Alkohol wie Edradour in einem ganzen Jahr. Allerdings zieht Edradour pro Jahr etwa 100000 Besucher an - und kann in dieser Disziplin ohne weiteres mit Glenfiddich mithalten.

Eine einzelne Destillerie als Tastingthema nicht alltäglich. Und da wir eine recht kleine Gruppe waren, bot es sich an, auch den Ablauf des Tastings nicht alltäglich zu gestalten. Wir saßen in einer großen Runde und "erarbeiteten" die Geschmacksnotizen gemeinsam. Großartige Idee von Michael, unserem Gastgeber. Und natürlich habe ich fleißig mitgeschrieben und werde in der nächsten Zeit die genossenen Whiskies hier ausführlich beschreiben. Dazu braucht es natürlich mehrere Artikel. An dieser Stelle gibt es aber schonmal die Liste:

  • Edradour 10 yrs - 40%

  • Edradour 10 yrs Bourbon Cask Matured, Vintage 2003 5th Release - Distilled March 2003, bottled 12.08.2013, Limited to 1496 Decanters, 57,9%

  • Edradour Caledonia 12 yrs - 46%

  • Edradour 11 yrs, Port Cask Matured - Hogsheads Batch No. 2 (25 casks), limited to 2500 bottles. Distilled June/July 2003, bottled January 2015, 46%

  • Edradour 8 yrs, Barolo Cask Matured - Batch No. 4 (32 casks), limited to 2275 bottles. Distilled April 2006, bottled January 2015, 46%

  • Edradour 10 yrs, straight from the cask - Burgundy Finish. Limited to 2275 bottles. Distilled 19.12.1995, refilled 20.12.2005, bottled 23.10.2006. 452 bottles. 57,2%

Zum "Aufwärmen" gab es einen ganz anderen Whisky. Der Glenlivet - The Master Distiller's Reverve aus der Region Speyside und mit 40% abgefüllt sollte unsere Zunge - in zweifacher Hinsicht - lösen.

Nose: Hier finden wir Holz, Früchte und Sherry. Nicht ungewöhnlich für einen Whisky, dessen Bestandteile bekanntermaßen in Ex-Bourbon-, Sherry- und frischen Eichenfässern gelagert haben. Schwieriger war schon, das Aroma der Früchte zu identifizieren. Aprikose? Reife Birne?

Taste: Auf der Zunge wirkt der Glenlivet sehr weich, es ist kaum Alkohol zu spüren. Zu den schon in der Nase gefundenen Noten gesellt sich Orangenmarmelade.

Finish: Im Abgang ist der Whisky nussig, eventuell mit einem Hauch von Marzipan. Der Abgang ist kurz und weich.

Der Glenlivet ist ein sehr runder Whisky, völlig ohne Ecken und Kanten. Das verkauft sich wohl im Bereich TravelValue, wo er platziert wird, sehr gut. Und auch, wenn ich ein paar Kanten durchaus bevorzuge, kann ich mir diesen Tropfen hier gut in meinem Regal vorstellen.

Wertung:

Whisky
Whisky

Zur Destillerie gehts hier: Glenlivet

Zum Tastingveranstalter gehts hier: malt'n'taste

Ardbeg 10 yrs

Whisky

Auch wenn es in der Schweiz selbst Destillerien gibt, die ein gutes Glas wert sind, habe ich mir bei unserer Kurzreise in das südliche Nachbarland neben dem schon beschriebenen Laphroaig 10 yrs einen weiteren Standard-Malt gegönnt, dem man mit dem Begriff "Standard" eigentlich Unrecht tut. Der Ardbeg Ten mit 46% und in Ex-Bourbon-Casks gelagert, ist ein exzellenter Tropfen, der es mit seinen teureren Kollegen ohne weiteres aufnehmen kann.

Nose: Natürlich findet man in der Geruchskomposition des Ardbeg Rauch, Torf und Seetang. Auch Holz und Vanille überraschen nicht, die kommen natürlich aus den verwendeten Fässern. Dahinter kommen aber auch fruchtige Aromen, insbesondere frischer Apfel. Meine Frau fühlte sich an den New Make erinnert, den wir letzten Mai beim Besuch der Destillerie probieren durften.

Taste: Auf der Zunge schmecke ich Holz, Holz und noch mehr Holz! Und damit will ich nicht sagen, dass daran irgendetwas langweilig wäre. Im Gegenteil: dieser Wald von Geschmäckern ist exzellent. Ergänzt wird er durch Anklänge an Seetang und Vanille, und auch die Schärfe des Alkohols ist zu spüren.

Finish: Der Abgang ist heiß und scharf. Alles Temperament, was sich bisher zurückgehalten hat, kommt jetzt zum Vorschein, hält sich etwa mittellang und hinterlässt wieder Holzaromen im Atem.

Wertung:

Zur Destillerie gehts hier: Ardbeg

Laphroaig 10 yrs

Whisky

Neben Whisky mögen meine Frau und ich auch das Reisen sehr gerne. Ob es nun der klassische Strandurlaub ist, eine Städtetour, seltener auch mal eine exotische Fernreise oder der Abenteuerurlaub wie die Segelreise nach Schottland. Spaß macht es immer. Und wie schön erst, wenn man beide Hobbies miteinander verbinden kann.

Diesmal waren es ein paar Tage in der Schweiz, mit denen wir uns meinen runden Geburtstag vertrieben haben. Auch wenn die Schweiz heutzutage kein billiges Pflaster ist, hielt sich der Preis durch eine Pauschalbuchung noch in Grenzen. Dafür haben wir uns mit einer Fahrt in Bernina- und Glacier Express einen schon länger gehegten Traum erfüllt.

Übernachtet wurde in Le Prese, tief im Süden der Schweiz und kurz vor der italienischen Grenze. Und nach einem exzellenten Abendessen verzogen wir uns in den Bereich der Hotelbar, die einen durchaus interessanten Bestand an Spirituosen zu bieten hatte. Während meine Frau einen Rum (Kaniché XO - hervorragend) bevorzugte, entschied ich mich für einen Klassiker: dem Laphroaig 10 yrs, der mit 40% Alkohol daherkommt. Den hatte ich vor vielen Jahren mal versucht, längst wieder vergessen und nun erfreut wiederentdeckt.

Nose: Wie man es von einem Laphroaig nicht anders erwartet, glänzt der 10-jährige mit intensivem Torf und Rauch. Auch die chemisch anmutenden Noten und der medizinische Geruch sind typisch. Was ich nicht so erwartet (aber durchaus genossen) habe, sind frische Seeluft und ebenso frische Zitrone.

Taste: Auch im Geschmack finden sich Rauch und Medizin wieder. Dazu schmeckt der Whisky leicht süß, schön weich und nach Holz und Vanille. Viel zahmer, als ich erwartet hatte. Wie eine Katze, die nicht faucht, sondern schnurrt.

Finish: Das Finish ist kurz und weich entwickelt nur wenig Wärme und hinterlässt einen medizinischen Nachgeschmack.

Wertung:

Eine kleine Anmerkung noch: die Bar war zwar erstaunlich gut mit Whiskies ausgestattet, aber nicht ganz so gut mit Gläsern. Nosinggläser, gar Glencairns, gab es nicht. Immerhin wusste die junge Dame, die ausschenkte, genug über Whisky, um den Tumbler zu vermeiden. Stattdessen gab es den Whisky in einem Cognacschwenker. Ungewöhnlich, keine Frage. Aber sehr interessant. Der Duft in der Nase war ausgesprochen intensiv. Ich glaube, ich werde einen Cognacschwenker bei Gelegenheit mal mit einem Glencairn im direkten Vergleich testen. Beide mit demselben Whisky natürlich. Ich berichte dann hier über das Ergebnis.

Zur Destillerie gehts hier: Laphroaig

Laphroaig Quarter Cask

Laphroaig

Seit vielen Jahren bin ich Mitglied bei den "Friends of Laphroaig", der Community der berühmten Destillerie. Der Anmeldezettel dazu lag mal in einer Flasche bei, die ich im Duty Free Shop eines Flughafens erstanden habe. Wenn ich mich richtig erinnere, müsste das 2001 in Rom gewesen sein. In all diesen Jahren habe ich immer brav den Newsletter gelesen und gehofft, dass ich irgendwann einmal nach Islay komme, um meinen Quadratfuß Land zu besichtigen und die Grundrente ("one Dram") mitzunehmen. Dieses Jahr war es nun soweit: wir waren auf Islay. Aber es war wie verhext: zwischen allen anderen Programmpunkten ergab sich wirklich gar keine Gelegenheit, mal bei Laphroaig vorbeizuschauen. Dabei lagen wir mit der Flying Dutchman on Port Ellen, waren also geradezu in Fußreichweite. Aber: nichts zu wollen. Immerhin habe ich einen Ausdruck meines Zertifikates Freunden mitgegeben, die ein paar (um nicht zu sagen: die entscheidenden) Tage länger blieben und Laphroaig noch auf dem Plan hatten. So habe ich immerhin ein paar Fotos. Fähnchen und Whisky bekomme ich dann Anfang Dezember beim großen Wiedersehenstasting.

In der Zwischenzeit habe ich mir in einem Whiskyladen hier in der Nähe eine Flasche Laphroaig Quarter Cask zugelegt. Für die aufwändige Reifung in den kleinen Quarter Casks (50 Liter, das ist ein Viertel - daher der Name - eines American Standard Barrel) ist der gar nicht mal so teuer. Er kommt mit 48% Alkohol daher und ist nicht kühlgefiltert. Allerdings steht auf dem Etikett der Hinweis, dass der Whisky "caramel coloured" ist. Das ist schon selten, dass Single Malts nachgefärbt werden. Ob er es nötig gehabt hätte? Ich finde nicht, aber vielleicht ist das ein Zugeständnis ans Marketing. Denn trotz der Färbung ist er recht blass, wer weiß also, wie nah er (farblich) am New Make gewesen wäre, hätte man nicht nachgeholfen ...

Nose: Das erste, was mir in der Nase auffiel, war eine starke Brise Gras. Kein frisches Gras, sondern eher gemähtes Gras, das schon eine Weile auf der Wiese liegt und nur noch ein wenig feucht ist. Dazu natürlich Torf, Rauch, Öl, Seetang und die für Laphroaig typische medizinische Note.

Taste: Was ich in der Nase noch vermisst hatte, kommt nun auf der Zunge: der Geschmack nach Holz, der die Lagerzeit in Bourbonfässern anzeigt. Die oft damit verbundene Vanille finde ich nicht, aber der Whisky ist auffallend süß. Das hatte ich jetzt von einem Laphroaig nicht erwartet. Aber im Verein mit immer noch Seetang, Torf und Rauch kommt das richtig gut. Alkoholschärfe ist nur ganz wenig zu schmecken, aber mehr hätte den sehr runden Gesamteindruck auch schnell aus der Balance gebracht.

Finish: Hier wirds heiß, aber das bleibt nur sehr kurz so. Danach ist der klassische Abgang vorüber, aber in der Atemluft bleibt noch lange der Nachhall von Holz, Torf und Medizin erhalten.

Der Laphroaig Quarter Cask ist - obwohl kraftvoll und rauchig - sehr rund und wunderschön ausbalanciert. Schärfe, Süße, Rauch und vielfältige Geschmacksnoten sind sicherlich nicht ganz leicht in dieser Ausgewogenheit unter einen Hut zu bekommen. Umso erfreulicher natürlich, dass es hier gelungen ist. Mit diesem Whisky kann man vielleicht auch jemanden an Islay und die anderen schottischen Inseln heranführen, dem der Torf bisher nicht so sehr liegt. Ich fürchte, damit ist wieder ein Dauerplatz in meinem Whiskyregal vergeben ...

Wertung:

Zur Destillerie gehts hier: Laphroaig

Whisky ist ein alkoholisches Getränk. Gehen Sie verantwortungsbewußt damit um. Genießen Sie Qualität in kleinen Mengen. Gefährden Sie nicht Ihre Gesundheit.

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